CDU und CSU machen drastische Vorschläge zur Zukunft der Bahn. Ein Experte ordnet ein, ob dies dem Staatskonzern tatsächlich helfen würde.

Berlin: Tobias Heimbach (toh)

Wer mit der Bahn fährt, der ärgert sich häufig. Geänderte Wagenreihung, nicht berücksichtigte Reservierungen und immer wieder Verspätungen, Verspätungen, Verspätungen.

 

CDU und CSU haben nun einen Vorschlag gemacht, wie sich die Lage bessern soll. Unter dem Titel „Nächster Halt Zukunft: Eckpunkte einer Bahnreform 2.0“ haben sie einen Entwurf veröffentlicht, in dem sie beschreiben, wie es bei der Bahn besser laufen könnte. Dabei fürchten sie sich nicht vor drastischen Schritten. „Wir wollen die Deutsche Bahn AG in ihrer bisherigen Form zerschlagen“, sagte Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der „Augsburger Allgemeinen“.

Kern des Vorschlags ist, dass der Infrastrukturbereich, der sich um Gleise und Signale kümmert, vom Zugverkehr getrennt wird. Das Schienennetz soll anschließend in einer GmbH zusammengefasst werden, die in Staatshand liegt. Dadurch soll der Bund einfacher darüber entscheiden, welche Strecken neugebaut, repariert oder umgebaut werden.

Kann man damit die Dauermisere bei der Deutschen Bahn beenden? „Besonders die Frage nach der Trennung von Infrastruktur und Verkehr ist sinnvoll“, sagt Christian Böttger, Mobilitätsforscher an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. Es gibt wenige, die den Konzern so gut kennen wie er. Die Vorteile sind für Böttger klar: „Bereitstellung von Infrastruktur ist eine staatliche Aufgabe, das sollte nicht dem Markt überlassen werden. Der Staat muss definieren, was wo gebaut wird.“

Tatsächlich gilt insbesondere das Schienennetz als Schwachpunkt der Bahn. Viele Strecken sind veraltet. Weil lange mit der Sanierung gewartet wurde, dauert sie vielerorts länger – was zu mehr Verspätungen führt. Bevor es besser wird, wird es erstmal schlechter.

Laut Böttger zielt die Union in die richtige Richtung, wirklich neu sei der Vorschlag allerdings nicht. „Dieser Schritt steht bereits seit 20 Jahren im Raum“, sagt er. Jedoch sei die Union das Thema lange nicht angegangen. Auch andere hätten grundlegende Reformen lange verhindert: „SPD, Bahn, und die Eisenbahngewerkschaft EVG haben kein Interesse daran, den Status quo zu ändern. Viele Menschen leben gut von der derzeitigen Struktur, es gibt viele gut bezahlte Posten zu verteilen.“

Böttger nennt noch ein weiteres Argument, das für die Aufspaltung spricht: „Die Bahn hat einen gewaltigen Verwaltungsapparat. Indem man den Konzern aufspaltet, könnte man nach einigen Schätzungen eine Milliarde Euro sparen – pro Jahr.“

Dass das Logistik-Unternehmen Schenker beim Bund bleiben solle, wie die Union vorschlägt, hält Böttger jedoch nicht für notwendig. Seit Jahren wird diskutiert, das profitable Unternehmen zu verkaufen und mit dem Geld Strecken zu modernisieren.

Ampel verfolgt ähnliche Ziele wie die Union

Politiker der Ampel-Koalition reagieren gelassen auf die Vorschläge der Union. Ihre Vertreter betonen, auch sie wollten die Infrastruktursparte der Bahn unabhängiger machen. „Als Grüne wollen wir aber eine Reform, die auch innerhalb einer Legislaturperiode umsetzbar ist“, betont Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen, im Gespräch mit dieser Redaktion. Seiner Meinung nach würde eine umfangreiche Aufgliederung der Bahn, wie sie die Union vorschlägt, zu lange dauern. Tatsächlich ist im Koalitionsvertrag verabredet, dass man eine gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte gründen will. Gewinne, die dort generiert werden, sollen auch dort verbleiben und ins Schienennetz und die Brücken gesteckt werden.

Michael Theurer (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium und Bahnbeauftragter der Bundesregierung, machte CDU und CSU ein vergiftetes Kompliment. Er sagte dem „Tagesspiegel“, es sei begrüßenswert, dass die Union die Pläne der Regierung unterstütze. „Es sollen damit ja Probleme beseitigt werden, die während der Unions-geführten Bundesregierungen entstanden sind.“