Madita Dorn nimmt an der Wahl zur Miss Germany teil. Die Botschaft der 28-jährigen Studentin aus Stuttgart-Vaihingen: Jede Frau ist schön – auch ohne Filter und perfektes Make-up.

Vaihingen - Instagram ist für Madita Dorn schon lange ein wichtiger Teil ihres Lebens. „Angefangen habe ich als einer von Tausenden Fitness-Accounts“, erzählt die Vaihinger Studentin. Das Problem waren damals nicht ihre eigenen Posts, sondern die der anderen. „Ich habe jeden Tag diese perfekten Frauen auf Instagram gesehen“, sagt sie. „Und irgendwann hatte ich den Druck, auch so perfekt zu sein.“ Also hat sie sich Apps heruntergeladen, um ihre eigenen Bilder zu bearbeiten: Ein unechter Sonnenuntergang im Hintergrund, ein optimierter Körper, eine makellose Haut, und schon kann das eigene Foto mit den anderen, vermeintlich perfekten, mithalten.

 

Der Druck, perfekt auszusehen, wurde immer größer

„Das ging so weit, dass ich morgens um 6 Uhr im Bett schon meine Bilder bearbeitet habe“, erzählt Dorn, „dabei bin ich eigentlich eine Langschläferin“. Irgendwann wurde der Druck größer, sie wusste nicht mehr, was sie noch posten kann, wie sie sich noch darstellen kann. „Je mehr ich mich online bearbeitet habe, desto unzufriedener wurde ich in echt“, sagt sie. Mit der Zeit ging es ihr immer schlechter, bis sie den Druck nicht mehr ausgehalten hat. „Ich hatte dann die Wahl, die App entweder komplett zu löschen oder mich dem Problem zu stellen“, erinnert sich die 28-Jährige, die in Vaihingen studiert.

An jenem Tag beginnt für Madita Dorn ein neuer Abschnitt. Sie bearbeitet ihre Fotos nicht mehr, zeigt sich im Internet genau so, wie sie in Wirklichkeit ist. Und das kommt an: Die Zahl ihrer Follower steigt von etwa 20 000 auf 124 000. Sponsoren kommen auf sie zu, das Posten wird vom Albtraum zum Nebenjob, der ihr ziemlich gutes Geld einbringt. „Als ich authentisch wurde, kam relativ schnell das, was man bei Instagram Erfolg nennt“, sagt Madita Dorn.

Sie will zeigen, dass Makel menschlich sind

Druck hat sie heute immer noch – man zeige sich schließlich der ganzen Welt, wolle vor sich selbst, den Freunden und der Familie gut dastehen und sollte regelmäßig etwas posten. Aber es sei viel besser geworden. Und sie selbst viel zufriedener. „Viele Leute, auch Männer, schreiben mir, wie sie darunter leiden, dass online jeder so perfekt aussieht, das beeinflusst das Selbstwertgefühl schon sehr“, sagt Madita Dorn. Perfekt zeigt sie heute noch ab und zu auf ihrer Seite – aber nur auf Fotos, die die perfekte Scheinwelt mit der Realität vergleichen. „Ich will zeigen, dass Dehnungsstreifen, unreine Haut und alles, was man als Makel bezeichnet, ganz normal und menschlich sind.“

Einer ihrer Abonnenten habe sie dann auf die Idee gebracht, bei der Wahl zur Miss Germany mitzumachen. „Als ich mir die Website angeschaut habe, stand überall das Wort: authentisch, da dachte ich, das passt zu mir“, sagt Dorn und lacht. Ihre Bewerbung hatte sie schon fast wieder vergessen, als sie die Nachricht bekommt, unter den besten zehn Teilnehmerinnen aus Baden-Württemberg zu sein. „Viele verbinden mit Miss Germany noch diesen klassischen Schönheitswettbewerb“, sagt Madita Dorn, „aber es geht viel mehr um die Persönlichkeit, um die Mission and Vision, wie das genannt wird“.

Jetzt steht bei Miss Germany die nächste Entscheidung an

Und ihre Botschaft ist klar: „Für mehr Realität“ lautet eine Überschrift auf ihrer Instagram-Seite; Makel sollten nicht als solche gesehen werden, jeder Mensch ist einzigartig schön – das will Madita Dorn als Miss Germany möglichst vielen Frauen klarmachen.

Bei einem Live-Event Ende August, zu dem pro Bundesland zehn Bewerberinnen eingeladen wurden, durfte sie Erfahrungen bei klassischen Fotoshootings, Interviews und einem Videodreh sammeln. Wie nah sie es an den Titel Miss Germany schaffen wird, kann sie zurzeit nicht einschätzen. Als nächstes stehen ein Online-Voting und eine Jury-Entscheidung an, die pro Bundesland die besten fünf Bewerberinnen festlegen sollen. „Ich hoffe nur, dass, wenn ich nicht weiterkomme, jemand anderes weiterkommt, der den Frauen sagt, dass sie auch schön sind, wenn sie nicht dem typischen Schönheitsideal entsprechen“, sagt sie.

Für sie sei das Online-Voting ein angenehmerer Schritt als die Live Bewerbung. Vor der Kamera sei sie schon immer nervös gewesen. „Ja, dann ist Influencer vielleicht der falsche Nebenjob“, sagt Madita Dorn und lacht. Über einen selbst geschriebenen Text auf einer Website könne sie sich besser ausdrücken und präsentieren, vor allem als gelernte Journalistin. Dorn schreibt zurzeit ihre Bachelorarbeit im Studiengang Crossmedia-Redaktion und Public Relations an der Hochschule der Medien. Das Thema – wie sollte es auch anders sein – heißt authentisches Storytelling auf Instagram.