Ein Mann aus dem Landkreis Ludwigsburg soll über Jahre hinweg seine Stieftochter missbraucht haben – bei den ersten Fällen war sie gerade einmal drei Jahre alt. Die Ermittler listen dutzende Taten auf.

Stuttgart - Weil er sich über fünf Jahre hinweg mehr als 100-mal an seiner Stieftochter vergangen haben soll, steht ein 45-Jähriger aus dem Landkreis Ludwigsburg seit Mittwoch vor Gericht. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft dem Mann aus einer östlichen Kreiskommune vor, zwischen 2002 und 2007 die Tochter seiner damaligen Ehefrau dutzendfach missbraucht und brutal vergewaltigt zu haben. Insgesamt 116 einzelne Taten listen die Ermittler auf.

 

Ereignet haben soll sich das Martyrium für die anfangs Dreijährige in der gemeinsamen Wohnung, sagte die Staatsanwältin beim Prozessauftakt vor der 3. Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts. Sowohl im Keller des Wohnhauses wie auch im Kinderzimmer sei es zu den Übergriffen gekommen. Angeklagt ist der gebürtige Ludwigsburger wegen schwerem sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung und Körperverletzung. Seit Mitte Dezember sitzt er deshalb in Untersuchungshaft.

Richter halten die Angaben des Opfers für „glaubhaft“

Ein solcher Fall sei „mit das Schwierigste“, was seine Kammer zu verhandeln habe, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Holzhausen. Schließlich hätten er und seine Kollegen es mit frühkindlichen Erinnerungen des mutmaßlichen Opfers zu tun. Holzhausen machte zum Prozessauftakt aber keinen Hehl daraus, dass er die Angaben „nach einer ersten Würdigung“ für glaubhaft hält. Dem Angeklagten, der vor dem Haftrichter die Vorwürfe bestritten hatte, riet er: „Wenn damals etwas war, müssen Sie es jetzt sagen.“ Ein Geständnis sei für das Opfer sehr entlastend.

Nach ausführlicher Beratung mit seinem Anwalt entschied sich der Angeklagte schließlich, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen – allerdings hinter verschlossenen Türen: Zum Schutz des Opfers, und weil der Angeklagte „Hemmungen habe, sich in der Öffentlichkeit zu äußern“. Die Richter stimmten dem Antrag zu, aller Voraussicht nach werden weitere große Teile des Prozesses unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablaufen. Dass der Angeklagte die Vorwürfe einräumt, schien zum Auftakt am Mittwoch jedoch unwahrscheinlich. „Wenn er nicht will, will er nicht“, sagte die Staatsanwältin in einer Verhandlungspause. Ein Urteil soll Mitte Juni fallen.