Im Prozess gegen einen ehemaligen Tischtennis-Trainer sagen die Eltern der Kinder aus.

Leonberg - Im Falle des wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagten Tischtennis-Jugendtrainer des TSV Höfingen kamen am dritten Verhandlungstag die Eltern zu Wort – diese treten in dem Verfahren am Stuttgarter Landgericht als Nebenkläger auf. Eine Mutter aus Sigmaringen habe erstmals in den Faschingsferien 2017 davon erfahren, dass sich der 62-Jährige an ihrem zehnjährigen Sohn in dessen Berghütte in Österreich vergangen habe, als sie ihn auf das Training angesprochen habe.

 

Allerdings sagte die 46-Jährige rückblickend, dass er auch schon davor „spärlich“ von den Ausflügen erzählt habe. „Er hatte nur von einem großen Haus, einem großen Bett und einer großen Dusche gesprochen“, sagte die Frau, die sich an die Polizei gewandt und Strafanzeige erstattet hatte.

Auch der Sohn eines weiteren Paares war mehrmals mit dem Angeklagten unterwegs. „Vor dem letzten Ausflug meinte er, dass er gerne mitgehen würde, aber er wollte nicht mit dem Trainer ,kuscheln’“, erzählte die 42-Jährige. Mehr habe der Elfjährige damals nicht sagen wollen, und bis auf die polizeiliche Vernehmung habe er sich bis heute nicht seinen Eltern geöffnet – die Mutter saß damals in einem Nebenzimmer der Wache. „Das Ganze belastet ihn sehr, und er hat sich zurückgezogen“, sagte die Frau und meinte: „Er hat es nicht verarbeitet und verdrängt es jetzt.“ Weil er nicht darüber reden möchte, konnten sie und ihr Mann ihn bislang nicht von einer Therapie überzeugen.

„Mein Sohn hat sich verändert“

Die Mutter erzählte über den Elfjährigen, der im vergangenen Jahr in die Tischtennisabteilung des TSV Höfingen kam, dass sie schon nach den Sommerferien eine Veränderung bei ihm festgestellt habe.“ Er hatte Konzentrationsschwierigkeiten und machte seine Hausaufgaben oft nicht fertig“, erzählte die Höfingerin, die sich über die weitere Entwicklung ihres Sohnes besorgt zeigte. „Unsere große Sorge ist, dass es irgendwann aus ihm rauskommt“, sagte der Vater. Die Eltern eines Zehnjährigen erzählten, dass dieser regelmäßig von Albträumen heimgesucht werde. „Er war immer ein fröhlicher und aktiver Junge, aber jetzt hat er sich abgekapselt“, sagte der 44-Jährige über seinen Sohn, der in psychologischer Behandlung ist.

Zwar hätten die Eltern durchaus ein „mulmiges Gefühl“ gehabt, als ihr Sohn mit dem Angeklagten auf Freizeiten ging. „Wir hatten aber mitbekommen, dass die Ausflüge auch mit zwei Kindern seit vielen Jahren im Verein üblich waren“, erklärte der Höfinger, der damit auch die Selbstständigkeit seines Sohnes stärken wollte. Die schrecklichen Taten belasten nicht zuletzt auch das Familienleben. „Die Sache hat unsere ohnehin schwierige Situation verkompliziert“, erzählte die Sigmaringerin, die geschieden ist. Auch die Eltern des Elfjährigen sprachen von Spannungen im Alltag. „Ich stehe jeden Morgen auf und frage mich, was ich besser machen soll“, sagte die Höfingerin, die sich gezwungen sah, eine Therapie zu machen. „Aber es muss irgendwie gehen“, meinte ihr Mann, „und wir schaffen es.“ Einer Zahlung, die der Anwalt des 62-Jährigen „versuchte Schadenswiedergutmachung“ nannte, stimmten die Eltern beider Jungen zu.

Der Angeklagte gibt alles zu

Dem Angeklagten wird sexueller Kindesmissbrauch in 16 Fällen vorgeworfen, die er zwischen 1997 und 2016 an sechs Kindern im Alter von sieben bis elf Jahren begangen haben soll. Die Taten sollen sich häufig in seiner Berghütte im österreichischen Lochau am Pfänder abgespielt haben, manchmal soll der pensionierte Ingenieur die Kinder aber auch auf ein Segelboot auf dem Bodensee mitgenommen und sie dort zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Bei der Durchsuchung seiner Höfinger Wohnung und der Berghütte in Österreich stellte die Polizei auf seinem Laptop und auf Foto-Speicherkarten rund 800 Bilder und fünf Hefte mit kinderpornografischem Inhalt sicher.

Der Mann, der 42 Jahre ehrenamtlich in der Tischtennisabteilung des TSV Höfingen tätig war, räumte die Vorwürfe vollständig ein.

Die Verhandlung vor der 2. Großen Jugendkammer wird am kommenden Montag fortgesetzt.