Der Aufklärer bei den Regensburger Domspatzen wird beim Missbrauchsskandal bei der evangelischen Brüdergemeinde in Korntal kein Licht ins Dunkel bringen. Bei seiner Absage übt der Rechtsanwalt scharfe Kritik an den Mediatoren.

Korntal-Münchingen - Die Mitteilung von Ulrich Weber kommt am Montagnachmittag. Darin teilt der Regensburger Rechtsanwalt mit, er stehe „für die Aufklärungsarbeit im Fall Korntal nicht mehr zur Verfügung“. Das heißt: der Aufklärer bei den Regensburger Domspatzen wird die Fälle von physischer und psychischer Gewalt in den Kinderheimen der Brüdergemeinde nicht aufklären. Weber begründet seine Entscheidung mit inhaltlichen Differenzen mit der auftraggebenden Brüdergemeinde.

 

Wohl war der Vertrag zwischen ihm und den Pietisten weitgehend ausgehandelt. Doch „eine explizit von mir geforderte Erklärung, dass die Brüdergemeinde von einem Einflussrecht auf meine Veröffentlichungen im Aufklärungsprozess Abstand nimmt, ist bisher nicht erfolgt. Ein unabhängiges Arbeiten wäre unter diesen Umständen nicht möglich“, sagt Weber. Er greift in seiner Absage zudem die Mediatoren Elisabeth Rohr und Gerd Bauz scharf an. „Die Einflussnahme der Mediatoren, speziell deren Kommunikationsverhalten in den letzten Tagen, zeugte von fehlendem Respekt, da Inhalte und Entwicklungen über meine Verpflichtung, ohne mich vorab zu informieren, in die Öffentlichkeit getragen wurden.“

Alle sind enttäuscht – nur die Mediatoren schweigen

Die Mitteilung über seine Beauftragung, die vertagt wurde – als Ergebnis eines Treffens von Vertretern der Opfer und Brüdergemeinde am Samstag – erhielt die Presse vor ihm. Wolfgang Schulz vom Betroffenenverband AG Heimopfer zeigte sich „sehr enttäuscht“, auch von Weber, der „zu schnell das Handtuch wirft“. Schließlich habe Weber auf seine Forderung, unabhängig arbeiten zu wollen, am Samstag „keinen Widerspruch gehört“. Zudem hätte Weber „die nächsten 14 Tage auch noch abwarten können“, so Schulz. Diese zwei Wochen hatte sich der Vorsteher der Brüdergemeinde, Klaus Andersen, als Bedenkzeit erbeten, nachdem bayrische Medien über Weber im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre um den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister geschrieben hatten. Andersen hatte von mangelndem Vertrauen gesprochen, da Weber ihm bei einem Vortreffen nichts darüber gesagt habe. Weber bezeichnete die medial erhobenen Vorwürfe als unzutreffend.

„Weber tut das, was er tun musste, um sich und uns zu schützen“, sagt Detlev Zander, eines der Opfer. Er hatte die Vorfälle öffentlich gemacht und will nun eine Krisensitzung mit den Vertretern der Brüdergemeinde. Deutlicher wird Gerald Kammerl von der Opfergruppierung Netzwerk Betroffenenforum. Man wolle mit den „tatsächlichen Entscheidungsträgern“ in der Brüdergemeinde gerne die Vorgehensweise verhandeln oder sie bitten, „zumindest die beiden zu bedauernden Abgesandten“ – Andersen und den Geschäftsführer Veit-Michael Glatzle – „mit Vollmachten und Entscheidungsbefugnissen auszustatten“.

Die Brüdergemeinde will sich jetzt „zur Beratung zurückziehen“

Andersen teilt mit, die Entwicklung sehr zu bedauern. Man habe Verständnis für Webers Entscheidung: „Wir werden uns nun zwecks Beratung ein paar Tage zurückziehen und uns dann zu weiteren Schritten äußern.“ Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, bestärkt die Opfer weiterzumachen. Die Entwicklung sei zwar für alle ein Rückschlag: „Aber die Beteiligten müssen nun den Mut aufbringen für einen erneuten Anlauf.“ Seine Botschaft: „Es gibt keine Alternative. Es muss ein Weg gefunden werden, um das Leid aufzuarbeiten, das Betroffene in der Brüdergemeinde erlitten haben.“

Die Mediatoren wollten sich am Montag nicht zu dem Thema äußern.