Was soll das? Als außenstehender Betrachter ist man geneigt, sowohl die Opferhilfe als auch die Gruppe der Heimopfer zur Vernunft rufen zu wollen. Obwohl sie sich in ihrem gemeinsamen Ziel einig sind, die Geschichte der Heimerziehung in Korntal aufzuarbeiten, schwächen sie sich gegenseitig, indem sie sich mit sich widersprechenden, öffentlichen Aussagen in Nebenkriegsschauplätzen verlieren, während die Brüdergemeinde weiterhin mit einer Stimme spricht.

 

Die Aufarbeitung ist derzeit vor allem von unsachlichen Anfeindungen der Beteiligten untereinander durchsetzt. Dies hilft angesichts der ihm Raum stehenden Vorwürfe wenig, in denen von sexuellem Missbrauch sowie physischer und psychischer Gewalt die Rede ist. Sich damit nach Jahrzehnten der Verdrängung auseinanderzusetzen ist emotional genug. Zudem hat die Projektkoordinatorin Mechthild Wolff längst eine durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte Basis für eine sachliche Aufarbeitung geschaffen. Eine gänzlich emotionslose Auseinandersetzung ist weder möglich noch gewollt, aber der wissenschaftliche Ansatz kann die Emotionen wenigstens kanalisieren.

Darauf müssen sich die Beteiligten besinnen. Sie dürfen sich nicht weiter schwächen und damit die Aufarbeitung nur noch stockend voranbringen. Denn dazu haben sie zu viel Verantwortung. Zu viele Fragen haben sie aufgeworfen, sie haben zu sehr Ehemalige mit Erinnerungen konfrontiert und die Öffentlichkeit aufgerüttelt. Das war richtig. Aber ebenso notwendig ist es, dass sie gemeinsam daran arbeiten, allen Beteiligten die Chance zu geben, mit der unrühmlichen Heimhistorie umzugehen.