Vertreter der Brüdergemeinde, der Betroffenen sowie deren Unterstützer wollen eine Person beauftragen, die offene Fragen im Missbrauchsskandal klärt. Nicht eingebunden ist Detlev Zander, der die Vorfälle publik gemacht hat.

Stuttgart - Auf den 14. Januar warten sie alle: Die ehemaligen Heimkinder, die evangelische Brüdergemeinde, die Öffentlichkeit. Dann soll der Aufklärer bestimmt sein, der die Vorfälle von physischer und psychischer Gewalt in den Kinderheimen der evangelischen Brüdergemeinde Korntal in den 1950er bis 1980er Jahren sammelt, auf Plausibilität prüft und protokolliert. Am Montagabend hat sich eine Gruppe konstituiert, die diese Person beauftragen soll. Bei einem Treffen im Hotel Europe in Stuttgart-Feuerbach hat sich diese Gruppe – Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Heimopfer, von deren Unterstützern sowie von der Brüdergemeinde – mit den beiden Mediatoren Elisabeth Rohr und Gerd Bauz ausgetauscht. Die Betroffenen und die Brüdergemeinde beauftragten an diesem Abend die Mediatoren, eine gemeinsame Gesprächsbasis zu schaffen sowie einen Aufklärer zu finden.

 

Auftraggeber-Gruppe präsentiert sich der Öffentlichkeit

Am Dienstag präsentierte sich die Auftraggeber-Gruppe nun der Öffentlichkeit. Die Mediatoren wollen sich im Hintergrund halten, wenn die Person des Aufklärers gefunden ist. Die Teilnahme an der Mediation sei ohnehin freiwillig, sagte die Erziehungswissenschaftlerin und Mediatorin Elisabeth Rohr. Allerdings müssten die Teilnehmer Regeln des korrekten Miteinanders einhalten: „Wer sich nicht dran hält, kann nicht teilnehmen.“ Gerd Bauz fügte an, sie trügen die inhaltliche Verantwortung für die „Fairness des Verfahrens“.

Für die Betroffenen hatte am Montag die Arbeitsgemeinschaft (AG) Heimopfer Korntal teilgenommen; die zweite Opfergruppierung, das Netzwerk Betroffenenforum, hatte das Treffen im Dissens verlassen. Dessen Sprecher Detlev Zander und seine Mitstreiter lehnen die Mediation als unnötig ab, diese sei allenfalls für eine Kooperation mit der Brüdergemeinde von Belang, nicht aber für das Zusammenwirken der Betroffenen. Zander hatte 2014 die Fälle von psychischer und physischer Gewalt in den beiden Korntaler Kinderheimen publik gemacht. Zuletzt wurden zudem Vorwürfe laut, Kindern seien zur Ruhigstellung Medikamente verabreicht worden.

Arbeitsgruppe Heimopfer mit erstem Schritt zufrieden

Dass die Betroffenen nicht nur sachlich miteinander umgehen, zeigte sich auch bei der Pressekonferenz am Dienstag, als sich Vertreter der beiden Opfergruppierungen jeweils der Lüge bezichtigten. Zander und eine seiner Mitstreiterinnen waren uneingeladen gekommen. Die Mediatoren betonten allerdings, dass Zander und seiner Gruppe eine Teilnahme in der Auftraggeber-Gruppe weiterhin offen stünde.

„Ich bin glücklich, dass wir so weit fortgeschritten sind, ich glaube, wir sind auf einem guten Weg“, sagte Wolfgang Schulz, der Sprecher der AG Heimopfer. Bis Ende 2017 die Anerkennung von Leid, also die finanzielle Leistung in Aussicht zu stellen, sei ein „guter Ansatz“. Dass die evangelische Brüdergemeinde den Betroffenen bis zu 5000 Euro bezahlen wird, bekräftigte deren Vorsteher, Klaus Andersen. Ebenso dass er am Ziel festhalte, „alle Gruppen an einen Tisch zu bekommen“.