Missbrauchsskandal Suche nach einer friedlichen Gesprächsebene

Beschimpfungen und Verleumdungen – das Internet ist voll davon. Zu leicht lässt sich auch im sozialen Netzwerk Facebook über andere Menschen herziehen. Das bekommen derzeit etliche ehemalige Heimkinder zu spüren, die in Korntal in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Opfer von sexueller, psychischer und physischer Gewalt wurden.
Korntal-Münchingen - Beschimpfungen und Verleumdungen – das Internet ist voll davon. Zu leicht lässt sich auch im sozialen Netzwerk Facebook über andere Menschen herziehen. Das bekommen derzeit etliche ehemalige Heimkinder zu spüren, die in Korntal in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Opfer von sexueller, psychischer und physischer Gewalt wurden. Die Betroffenen wiederum teilen bisweilen ebenso kräftig aus. Entstanden ist inzwischen ein hässlicher Kleinkrieg weniger Personen. Beteiligt sind ehemalige Heimkinder sowie die Opferhilfe. Dort sind einige Korntaler Bürger sowie ein ehemaliger Mitarbeiter des Kinderheims Hoffmannhaus engagiert.
Die Auseinandersetzung lenkt von der eigentlichen Aufgabe, der Aufarbeitung der Geschehnisse in den Korntaler Kinderheimen, ab. Koordiniert wird diese von der Erziehungswissenschaftlerin Mechthild Wolff. Sonst nicht um deutliche Meinungen verlegen, hält sie sich aus dieser Debatte heraus: „Das ist sicher auch eine Art des Dialogs und eine Form der Verarbeitung, aber ich bevorzuge das direkte Gespräch für Sachverhalte, die wirklich wichtig sind. Was ich darüber höre, ist auch, dass sich die Kommunikation im Kreis dreht. Man hat dort ja kein wirkliches Gegenüber.“
Es sei jedoch wichtig für Geschädigte, ernst genommen zu werden „und nicht ständig auf das Opfer-Ticket gebucht zu werden. Facebook lädt dazu ein, sich im Kreis zu drehen und aus dem Kreislauf nicht herauszukommen.“
In diesem Kontext hatte das Heimopfertreffen am Samstag in Korntal stattgefunden. Auch darüber war im Vorfeld ein heftiger Streit entbrannt. Dazu eingeladen hatte nun eine Gruppe, die in den sozialen Medien als „Opferhilfe und kritische Heimopfer“ firmiert. Moderiert wurde die mehrstündige Veranstaltung von Wolfgang Schulz. Dem ehemaligen Heimkind ist an einer Mäßigung aller Beteiligten gelegen. „Ich hoffe, das sich das Ganze beruhigt. Ich würde mir wünschen, dass es jetzt Frieden gibt“, sagt der Mann aus Pforzheim. Zwölf Ehemalige und acht Gäste hätten an dem nichtöffentlichen Treffen teilgenommen. Es sei „sehr konstruktiv gewesen“, sagt Schulz. Die Gruppe – unter ihnen auch extreme Netzaktivisten der vergangenen Wochen – habe sich darauf verständigt, die Beleidigungen und Verleumdungen zu unterlassen. Niemandem sei an einer Spaltung innerhalb der Betroffenen gelegen.
Die Opferhilfe versteht sich als kritische Begleitung des Aufarbeitungsprozesses. „Eine kritische Begleitung ist sehr viel wert. Kritik ist der Lebensnerv der Entwicklung, aber sie darf nicht als Verleumdung diskreditiert werden“, sagt Schulz. Ihre Kritik an der Steuerungsgruppe, dem paritätisch aus Betroffenen und Vertretern der Brüdergemeinde besetzten Gremium, das den Aufarbeitungsprozess verantwortet, haben die Teilnehmer deutlich geäußert: der Informationsfluss sei schlecht, viele Fragen blieben in der Aufarbeitung unbeantwortet, die Betroffenen in der Steuerungsgruppe – etwa Detlev Zander, der den Missbrauchsskandal öffentlich gemacht hatte, sowie Martina Poferl – seien zu wenig von Ihresgleichen legitimiert.
Auf eine Einladung hin war Martina Poferl nach Korntal gekommen. „Das hat mich gefreut“, sagt Schulz. Sie sei sehr kooperationsbereit gewesen. Tatsächlich hatte Poferl durchaus Verständnis für die Belange der Anwesenden. Pressemitteilungen der Steuerungsgruppe sollen künftig breiter gestreut werden. „Wir kleben nicht an unserem Stuhl in der Steuerungsgruppe“, stellte sie klar. Die Konsequenzen müssten jedem klar sein: das Geringste sei, dass die Aufarbeitung in Verzug gerate.
Unsere Empfehlung für Sie

Bestattungsformen im Strohgäu Letzte Ruhestätte: Unter der Buche
Wenig Aufwand für die Angehörigen, viel Natur für die Verstorbenen: Im Strohgäu sind Bestattungen unter Bäumen beliebt. Wo die Nachfrage nach Baumgräbern das Angebot übersteigt, reagieren die Kommunen. Wie in Hemmingen oder Ditzingen.

Erschließung des Neubaugebiets Korntal-West Der Acker in Korntal ist längst keiner mehr
Seit dem Beginn der Erschließung des Neubaugebiets Korntal-West in Korntal-Münchingen hat sich auf dem Gelände viel verändert. Die Arbeiten werden Stand jetzt aber ein wenig später als geplant abgeschlossen sein.

Alkoholfahrt in Korntal-Münchingen 17-Jähriger baut Unfall mit Papas Wagen - und läuft davon
Laut Polizei hat ein 17-Jähriger seinem Vater die Autoschlüssel entwendet und mit dem Wagen eine Spritztour in Korntal-Münchingen unternommen. Dabei kam es zu einem Unfall.

Ärger in Korntal-Münchingen Unmut neben der Heizzentrale
Anwohner fühlen sich von dem Heizkraftwerk bei der Korntaler Stadthalle belästigt: Sie sprechen von „unerträglichen Luftverpestungen“ und fürchten sogar um ihre Gesundheit. Die Stadtverwaltung ist dran, doch die Betroffenen verlieren allmählich die Geduld.

Mobilität in Korntal-Münchingen Stadt will Mitarbeiter aus dem Auto holen
Damit die städtischen Beschäftigten für ihren Arbeitsweg auf den öffentlichen Nahverkehr oder das Fahrrad umsteigen, tut Korntal-Münchingen schon einiges – und baut die Förderung im neuen Jahr aus. Das gefällt nicht allen im Gemeinderat.

B10 bei Korntal-Münchingen Pannen-Lkw mit massiven Mängeln sorgt für stundenlangen Einsatz
Auf der B10 bei Korntal-Münchingen bleibt ein Lastwagen liegen. Als die Polizei das Fahrzeug kontrolliert, fallen den Beamten massive Mängel auf. Der Einsatz dauert knapp sieben Stunden.