Die Elternvertreter sollten das Kultusministerium beraten. Doch dazu kommen sie vor lauter internem Streit kaum noch. Dem Vorstand droht die Vertrauensfrage.

Stuttgart - Zu tun gäbe es genug für den Landeselternbeirat (LEB), zu dessen wesentlicher Aufgabe gehört, das Kultusministerium bei Gestaltung der Bildungspläne zu beraten. Die sollen bis 2014 überarbeitet werden, der LEB beschäftigt sich aber vorwiegend mit sich selbst. „Es läuft nicht rund“ heißt es in dem 29 Mitglieder starken Gremium von allen Seiten.

 

Die jüngste Sitzung im Juni haben neun Elternvertreter unter Protest verlassen, in der nächsten, die für den 18. Juli geplant ist, kann es zu einem Misstrauensantrag kommen. Mit dem Vertrauen ist es schon länger nicht mehr weit her unter den gewählten Vertretern der baden-württembergischen Elternschaft. Innerhalb von zwei Jahren traten in dem Gremium drei Vorsitzende zurück: Anfang 2010 warf Christiane Staab demonstrativ das Handtuch, weil sie sich von Kultusminister Helmut Rau (CDU) nicht genug gehört fühlte. Ihr Nachfolger Matthias Fiola gab schon im November die Geschäfte an Christian Bucksch ab. Dieser stellte ein Jahr später, im November 2011, sein Amt zur Verfügung. Weggemobbt habe man Bucksch, raunen LEB-Mitglieder, und zwar, weil Meinungsführer im Gremium sich auf die Seite der grün-roten Landesregierung schlagen wollten. Bis dahin sei der LEB parteipolitisch neutral gewesen.

Kompetenzüberschreitungen statt Initiativen

Die neuen Sitten zogen im Januar mit dem Vorsitzenden Theo Keck und seinen Stellvertretern ein, unter denen sich dem Vernehmen nach Carsten Rees und Saskia Esken besonders hervortun. Nicht wenige halten Rees und Esken für die wahren Strippenzieher. Statt von machtvollen Initiativen des LEB hört man nun von Kompetenzüberschreitungen und eigenwilligen Vorstößen des Vorstands über die Köpfe des Gremiums hinweg.

„Wir vermissen die Transparenz in der Arbeit der Vorstandschaft“, berichtet der Wortführer derer, die die Juni-Sitzung verlasst haben. Man wisse einfach nicht, was der Vorstand tue. Was er schließlich tut, stößt häufig auf Ablehnung. Gar nicht gefallen wollte Mitgliedern, dass der Vorstand eine kostenlose Internetdienstleistung annehmen wollte, und der Anbieter sich dafür als Sponsor des LEB hätte darstellen können. Informiert sei man auch nicht gewesen. Man sei in der Sitzung nicht dazu gekommen, erklärt der Vorstand seinen Mitgliedern schriftlich. „Die Aussprache über die Umgangsformen im Gremium war erneut so zeitintensiv, dass die Weitergabe von Informationen nicht mehr möglich war.“

Vorwurf der Amtsanmaßung

Im Mai wurde einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle gekündigt, der Vorstand sah das Vertrauensverhältnis gestört. Die Frau soll dem früheren Vorsitzenden elektronische Briefe zugespielt haben. Inzwischen stellte sich heraus, dass der LEB nicht befugt war, die Frau zu entlassen. Der Arbeitgeber sei das Kultusministerium. Einige Elternvertreter halten das für Amtsanmaßung und einen Rücktrittsgrund für den Vorsitzenden. Theo Keck betont: „Ich muss mich auf die Mitarbeiter in der Geschäftsstelle verlassen können. Ich würde das wieder tun.“ Er habe annehmen müssen, dass er als Arbeitgeber gelte. Schließlich habe sich die Betroffene, die künftig im Kultusministerium arbeiten wird, doch auch bei ihm krank gemeldet. Nun sei dieser rechtliche Graubereich geklärt.

Berufsschulvertreter sind „stinkesauer“

Buchstäblich „stinkesauer“ sind die Vertreter des beruflichen Schulwesens im LEB mit ihrem Vorstand. Der veröffentlichte Anfang Juni einen offenen Brief zur Lehrerversorgung, der vielen Eltern die Haare zu Berge stehen ließ. Zum Thema Unterrichtsausfall und strukturellem Defizit gibt der Vorstand auf der LEB-Homepage zu bedenken „dass die Schreckensmeldungen von Verbänden und sogar aus der Schulverwaltung teilweise auf mangelnder Information, auf Mutmaßungen und Spekulationen beruhen“. Das lesen die Kritiker des Vorstands als „katastrophalen“ Beweis, dass der Vorstand „voll auf der Linie des SPD-geführten Kultusministeriums liege“. Andere klagen, „gründlicher konnten wir uns nicht blamieren“. Lehrerverbände und Rektoren , aber auch Informanten habe der LEB nun alle gegen sich aufgebracht. Der Vorstand jedoch sieht das Ministerium in der Pflicht, klarer Auskunft zu geben. Dass der Brief nicht abgestimmt war, bestreitet Keck nicht. „Es gibt einen gewählten Vorstand, der erledigt die Geschäfte. Ich kann nicht von allen die Zustimmung einholen. Das war in der Vergangenheit auch nicht so.“

Gräben zu tief

Die Kritiker konstatieren, „das Vertrauen ist verloren, die Gräben sind zu tief“. Das Führungsteam um Keck könne keinerlei Kritik vertragen. Was die Sitzung am 18. Juli ergibt, ist völlig offen. „Ein Drittel der Mitglieder unterstützen den Vorstand, ein Drittel ist neutral und ein Drittel ist in der totalen Opposition“, sagt ein Elternvertreter. Gegen fünf der sieben Vorstandsmitglieder sei ein Misstrauensantrag geplant. Diese Aussprache soll nicht dem Termindruck zum Opfer fallen. Am Vormittag stehen eineinhalb Stunden dafür auf der Tagesordnung. Der Vorsitzende Theo Keck sieht der Sitzung „sehr erwartungsvoll entgegen“. Er glaubt eine deutliche Mehrheit hinter sich. Er wüsste nicht, dass andere Kandidaten benannt worden seien. Gerne hätte er die Kritik in der Juni-Sitzung behandelt, sagte er gegenüber der Stuttgarter Zeitung. „Ich wollte das aber nicht in Abwesenheit der Unzufriedenen verhandeln.“ Nun geht er davon aus, dass „die Nörgler und Quertreiber“, nicht wieder „unter fadenscheinigen Gründen die Sitzung verlassen“. Er jedenfalls sei „an inhaltlicher Arbeit interessiert und die Mehrheit der Mitglieder auch“. Genau das nehmen seine Kritiker auch für sich in Anspruch.