Wer den wuscheligen Vierbeinern so richtig nahekommen und ihre Kraft spüren möchte, kann mit den Hunden bei Jagstzell durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald wandern.

Stuttgart - Hier in der Dankoltsweiler Mühle lebt Andrea mit Steve, den Kindern Elena und Tom sowie 18 Huskys. Mit den Hunden unternimmt sie mehrstündige Wanderungen, zu denen sie Gäste mitnimmt. Heute haben sich zwei Familien angemeldet. Sie freuen sich über das „Husky-Wetter“, die schneebedeckte Landschaft. Doch Andrea belehrt die Neuankömmlinge eines Besseren: „Die Tiere fühlen sich auch bei wärmeren Temperaturen wohl und brauchen immer sehr viel Bewegung.“ Mindestens 30 Kilometer täglich laufen die ausdauernden Hunde im Zuggeschirr – dafür sind die Siberian Huskys gezüchtet worden. Vor einen Wagen oder Schlitten gespannt sind sie in ihrem Element. Jeder der Hunde hat seinen ganz eigenen „Kopf“, aber im Gespann tritt die Individualität in den Hintergrund und es gibt nur noch die gemeinsame Aufgabe: vorwärtskommen.

 

Andrea kniet im Freigehege und stellt eine Fellnase nach der anderen den Gästen vor – kein Bellen ist zu hören. Die ausgeglichenen Tiere bringt so schnell nichts aus der Ruhe und Menschen, die sie streicheln, mögen sie sowieso. Ab und zu weist ein ranghöheres Tier einen untergeordneten Artgenossen durch kurzes Knurren zurecht. Akira ist die Leithündin, Brisco ihr Gegenpart.

„Huskys sind sehr ehrlich und direkt und man kann sie zu nichts zwingen“, erklärt die Hundefreundin. Eine konsequente, liebevolle Erziehung sei wichtig, damit die Hunde auf Kommandos hören. Dabei geht es um Respekt und nicht ums Angst machen: Unter Druck und Zwang schalten die Huskys auf stur und verweigern sich gern.

Ein Denker, kein Muskelprotz

Während Andrea ihre vierbeinigen Lieblinge vorstellt, überlegen die Eltern mit ihren Kindern, welches Tier zu ihnen passen könnte: die Powerfrau Akira oder Whisky, der als Einziger tauchen kann, oder doch eher Raven, die gerne Hundeküsse verteilt? Ein Spickzettel mit Fotos, Namen und Charaktereigenschaften aller Hunde hilft bei der Entscheidungsfindung. Man bekommt den Eindruck, dass die Hunde gespannt darauf warten, wer heute mit in den Wald darf. Die Familie ist groß. „Da gibt es Brisco, ein total liebevoller Papa. Wir mussten ihn immer wieder vor den Welpen schützen, die ihn ins Ohr zwickten oder auf ihm herumtollten“, erinnert sich Andrea. Der gutmütige Vater mit dem dunklen Fell ist im Herbst zehn Jahre alt geworden. Seine Augen, eines ist blau und das andere braun, blicken zu seinem Frauchen, das gerade seine Intelligenz lobt: „Brisco ist ein Denker und kein Muskelprotz“, obwohl der Hund zu ihren Füssen locker das Neunfache seines Körpergewichts ziehen kann. Am Ende fällt die Auswahl schwer. Aber schließlich zieht eine Gruppe mit Brisko, Keeko, Mike und Bonnie los und die anderen werden von Laila, Shenna, Mike, Arko und Akira vom Hof gezogen. „Wer Akira nimmt, hat den Muskelkater gleich mitgebucht“, prophezeit Andrea.

Die etwa zweieinhalb Meter lange Leine am Hüftgurt des Hundeführers ist mit dem Brustgeschirr seines Vierbeiners verbunden. Brisco läuft mit gesenktem Kopf voraus, die Ohren sind aufgestellt und die Muskeln in dem langen Rücken arbeiten. Geschmeidig läuft er durch den Neuschnee. Anfangs ist die Leine straff gespannt – das geht ganz schön ins Hohlkreuz. Andrea mahnt: „Denkt dran, ihr geht mit den Hunden spazieren und nicht andersrum.“ Bonnie, die Jüngste im Bunde, springt vornweg oder schnuppert an einer Fährte. Ihr ehemaliger Besitzer wollte sie loswerden und so stieß die Kleine im Herbst zur Gruppe. Mit ihrem hellen Fell hebt sie sich kaum vom verschneiten Boden ab. Sie ist gerade in der Pubertät und genießt noch einen Sonderstatus im Rudel. In ein paar Monaten wird sich zeigen, welchen Rang sie einnehmen wird.

Der Traum wurde wahr

Obwohl regelmäßig Anfragen von überforderten Besitzern kommen, soll Andreas Husky-Familie nicht weiterwachsen. „Mehr Hunden können wir nicht gerecht werden. Wir sind auch kein Zuchtbetrieb“, erklärt die begeisterte Husky-Besitzerin, die vor zehn Jahren noch im Büro saß und von einem Leben mit Hunden träumte. Zwischenzeitlich weiß sie, dass Huskys im Rudel glücklich sind. Die ehemalige Angestellte ist hier in der Dankoltsweiler Sägmühle 2 angekommen – einem Weiler mit Haus und Bushaltestelle, an der nur morgens der Bus hält, um ihre Tochter zur Schule zu bringen. Mittlerweile schneit es heftiger. Dicke Flocken fallen auch auf die Hundefelle, doch die Huskys streben unbeirrt voran.