Fifa 19, Borna Sosa und Adidas: Wie ein geschenktes Computerspiel an den Fußball-Profi des VfB Stuttgart die Werbetricks der Branche aufdeckt.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Wirklich überraschen dürfte die folgende Geschichte nicht. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass die großen Sportartikelhersteller ihre Schützlinge im Millionengeschäft Profi-Fußball in erster Linie als rennende Werbeträger sehen. Und Werbung geht gerne an Grenzen. Nur manchmal geht eine PR-Aktion auch in die Hose. Wie im konkreten Fall.

 

Eine tragende, wenngleich indirekte Rolle spielt dabei Borna Sosa, seit dieser Saison beim VfB Stuttgart unter Vertrag. Gleichzeitig ist der junge Kroate auch an Adidas gebunden. Der Sportartikelriese rüstet den Linksverteidiger mit seinem Schuhwerk aus. Im Zuge dieser Partnerschaft wurde Sosa nun mit einem kleinen Präsent aus Herzogenaurach bedacht. Ein Vorab-Exemplar des Computerspiels „Fifa 19“ ging dem Adidas-Träger – wie vielen anderen Fußballern auch – einige Tage vor dem offiziellen Erscheinen zu. „Als Adidas-Spieler bekommst du schon heute dein Exemplar“, heißt es im Begleitschreiben.

Aufforderung zur Schleichwerbung und Sosas Missgeschick

So weit, so gewöhnlich. Dass eine Sportartikelfirma Werbegeschenke in Form von Computerspielen an seine Vertragssportler verteilt, hat einen simplen Hintergrund: Beide – in diesem Fall Adidas und der Hersteller EA Sports – haben eine ähnliche Zielgruppe im Blick. Und Sportler nicht nur auf dem Rasen viele Fans, sondern vor allem in den sozialen Netzwerken eine große Reichweite. „Diesen kommt für die Sportartikelindustrie eine sehr große Bedeutung zu“, sagt Markus Voeth, Marketingprofessor an der Uni Hohenheim. „Die Sponsoren versuchen, die Fans ,ihrer‘ Sportler in die Vermarktung einzubinden.“ Denn wer glaubt schon werbenden Aussagen von Firmen?

Weshalb in dem Begleitschreiben der Fußballer („Hallo Borna“) auch direkt darum gebeten wird, die Werbung für das neue Zockerglück zu übernehmen: „Wir würden uns freuen, wenn du ein Foto von dir beim Zocken über deine Social-Media-Kanäle posten würdest“, heißt es da. Weniger direkt soll der Hintergrund der kleinen, knapp 60 Euro teuren Aufmerksamkeit erscheinen. „Verzichte aber bitte darauf zu erwähnen, dass du das Produkt geschenkt bekommen hast.“

Was als Aufforderung zur Schleichwerbung gewertet werden kann, doch auf das gewünschte Posting beim Zocken verzichtete der 20-Jährige. Stattdessen trug der Fußballer die Sache auf eine für alle Beteiligten höchst unglückliche Art und Weise in die Welt. Mit einem knappen „Thank You, Adidas“ und einem Foto des Computerspiels – samt des gut lesbaren Begleitschreibens.

Die Sportartikelfirma gibt dem VfB-Profi die Schuld

Mögen für den Kroaten mildernde Umstände gelten (vermutlich hat er den Brief gar nicht verstanden), steht die Weltmarke mit den drei Streifen blöd da. Im Prinzip verhält es sich wie mit der Oma, die den Enkel auffordert, den Eltern bloß nicht zu verraten, drei Kugeln Eis bekommen zu haben. Nur geht es hier um Geld, Macht und Einfluss. Adidas und EA Sports haben einen Ruf zu verlieren. Schleichwerbung in sozialen Netzwerken beschäftigt immer öfter die Gerichte. Im konkreten Fall hätte Sosa das Foto mit dem Computerspiel wohl als Werbung kennzeichnen müssen, da die Firmen um eine Gegenleistung in Form des Posts baten.

Eine konkrete Anfrage ließ Adidas unbeantwortet. In einer Stellungnahme gibt das Unternehmen dem VfB-Profi die Schuld an der Panne: „Verantwortlich für die korrekte Kennzeichnung aller Inhalte, die auf Social-Media-Kanälen der Spieler in Zusammenarbeit mit adidas veröffentlicht werden, sind in erster Linie die Spieler selbst. In den von Borna Sosa veröffentlichten Inhalt war adidas nicht involviert.“ Die Gabe zu verheimlichen sei bloß ein „Wunsch“ der Unternehmen gewesen.

Ob und inwieweit Wettbewerbshüter an dem Vorgang Anstoß finden, ist noch offen. Sicher ist nur: Ein PR-Coup ist Adidas damit nicht gelungen. Für Marketing-Experte Markus Voeth zeigt der Fall, dass viele Firmen im Bereich Social-Media-Marketing noch „reichlich naiv“ vorgehen. „Dass einer Firma wie Adidas ein solcher ,Stockfehler‘ passiert, ist verwunderlich und eigentlich nur damit zu erklären, dass das offenbar noch Neuland ist.“