50 Künstlerinnen und Künstler haben zur Mitgliederausstellung des Kunstvereins Kultur am Kelterberg in Stuttgart-Vaihingen beigetragen.

Vaihingen - Es muss nicht immer das Neueste, Spektakuläre sein, um Kunst attraktiv zu machen. Bei der jüngsten Mitgliederausstellung des Kunstvereins Kultur am Kelterberg, die am heutigen Samstag, 1. Juli, um 15 Uhr eröffnet, sind einige der Arbeiten überraschend konventionell – und dennoch ansprechend. Eine Wohltat für die Augen, gelegentlich eine Anregung, bei der Deutung die Fantasie spielen zu lassen. Mit 50 Beiträgen haben sich in diesem Jahr vergleichsweise viele Künstlerinnen und Künstler beteiligt, darunter sind auch etliche Neuzugänge. „Wir haben 14 neue Mitglieder gewonnen“, sagte der Vorsitzende Harald Marquardt bei einer Vorbesichtigung erfreut. „Und ich finde es schön, dass sie sich gleich einbringen.“

 

Géza Spiegels „Suche nach Wärme“

Beispielhaft für die Atmosphäre der diesjährigen Mitgliederausstellung seien jedoch zwei bekannte Namen herausgegriffen. Géza Spiegel hat mit seiner „Suche nach Wärme“ ein auf den ersten Blick schlichtes und dabei besonders anziehendes Werk beigesteuert: Aus einer großen, anthrazitfarbenen Fläche ragt ein kleines, orangenfarbenes Rechteck heraus, das neugierig macht. Birgit Thines zeigt mit ihrem mit Acryl und Kohle gearbeiteten Bild „Veränderung“ eine für sie typische winterliche Märchenlandschaft, in die sie drei schmale Gestalten gestellt hat. Schwarz gekleidet die eine, mit einem rot leuchtenden Rock die andere, wenden sich zwei Frauen einem Jungen zu. Ist es eine zufällige Begegnung? Verändert sich die Landschaft oder ändern sich die Personen. Wie ist die Beziehung der Dargestellten zueinander? Diese Arbeit lässt viel Spielraum für persönliche Überlegungen und ist zugleich ganz einfach schön.

Ein grün leuchtendes Gemälde in der Besenkammer

Zu den ältesten Teilnehmern gehört der 87-jährige Richard Ludwig, dessen hölzerner Pandabär einen der Räume dominiert. Er hat Birgit Feils Skulptur, einem Paar namens „Frau N. und Herr J.“, den Rücken zugedreht, das kerzengerade und etwas steif auf unbequemen Sesseln sitzt. Man fragt sich unwillkürlich, in welcher Beziehung die beiden zueinander stehen und was sie in dieser Anspannung verharren lässt.

Zu den jüngeren Teilnehmern gehört Tanja Selten, deren grün leuchtendes Gemälde in die Besenkammer verbannt wurde. Nicht, weil es nicht zum Programm passen würde, sondern weil es die Dunkelheit braucht: Bei ihr fluoreszieren die Farben. Die nicht eindeutig bestimmte Landschaft ähnelt einem Wald mit einem Tümpel.

Traditionelle Malerei und Collagen

Landschaften gibt es einige in dieser Schau. Vertreten sind schöne, wenn auch recht traditionelle Arbeiten wie die von Rose Kempner („Hohlweg“) oder Susann Blumenstein („Winterliche Soltidude-Allee“). Magdalena Schmitz’ „Farbenrausch“ zeigt eine herbstliche Landschaft in Rottönen. Igors Gengeris zeigt den Gardasee anhand seiner Linien-Technik, Regine Reinhardt lässt einen Vulkan Feuer und Steine speien.

Zu den außergewöhnlicheren Beiträgen gehören die digital bearbeiteten Kugeln von Ingrid Bichler, die in ein diffuses, grünliches Licht getaucht sind. In einem Raum mit vielen Blautönen fällt eine Arbeit von Carola Hattwig-Feller auf, die mit Acryl, Sand und Marmormehl ein hoffnungsvolles Gelb in einem Meer von Blau und Grau aufbrechen lässt. Brigitte Müller hat sich dagegen mit ihrem Foto „Frische Ware“ dem Thema Tod und Nahrung gewidmet: Ihr toter Fisch auf dem Schneidebrett blickt dem Betrachter entgegen, während er auf seine Zubereitung zu warten scheint.

„Pride Rainbow“, ein Beitrag zur Debatte über die Ehe für alle

Was ebenfalls wie ein Foto wirkt und doch mit Hilfe von Farbstiften entstanden ist, nennt Ulrich Wendorff eine „Zahlenspiegelei“: Er hat vier Spiegeleier auf die Leinwand gebannt und mit Zahlen versehen. Seine Kollegin Simone Rieger hat dagegen die „Rush hour“ in einer Collage mit Ausrissen von Comics dargestellt. Die sechs jungen Männer aus bemaltem Gips, die selbstbewusst vor dem Fenster aufmarschieren, sind ein Beitrag von Christa Maria Eckhardt. Ihr „Pride Rainbow“ wurde just aufgestellt, als im Bundestag über die Ehe für alle diskutiert wurde.

Die Vernissage der Mitgliederausstellung in der Galerie, Kelterberg 5, ist traditionsgemäß mit einem Sommerfest verbunden. Dabei gibt es heute, Samstag, 1. Juli, ab 11 Uhr, Mitmach-Aktionen für Kinder, bevor um 15 Uhr die Schau eröffnet wird. Für die musikalische Begleitung sorgt der indischstämmige Gitarrist Bish Sharma gemeinsam mit einem Flötisten. Die Ausstellung ist bis zum 23. Juli samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.