Mitgliederbefragungen bei Südwest-CDU Gebranntes Kind
Mit Mitgliederbefragungen hat die baden-württembergische CDU mehr Erfahrung als jeder andere Landesverband. Es sind schlechte Erfahrungen. Sie wirken bis heute nach.
Mit Mitgliederbefragungen hat die baden-württembergische CDU mehr Erfahrung als jeder andere Landesverband. Es sind schlechte Erfahrungen. Sie wirken bis heute nach.
Stuttgart - Dem damaligen Generalsekretär und jetzigen Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion in Stuttgart, Manuel Hagel, wird ein großer Teil des Erfolgs zugeschrieben, dass die Frage der Spitzenkandidatur im jüngsten baden-württembergischen Landtagswahlkampf nicht auch noch per Mitgliederentscheid beantwortet worden ist. Er soll es gewesen sein, der Thomas Strobl und Susanne Eisenmann so lange zusammen zwang, bis die Sache ohne Mitgliederentscheid und einvernehmlich durch den Verzicht Strobls entschieden war.
Dass die frühere Kultusministerin Susanne Eisenmann im Frühjahr krachend gegen Amtsinhaber Winfried Kretschmann verlor, wird Hagel deswegen heute nicht angekreidet. Wichtige Vertreter der Südwest-CDU sind überzeugt, dass der Absturz noch tiefer gewesen wäre, hätte eine Mitgliederbefragung den Landesverband zuvor erneut gespalten und die Kampfkraft der baden-württembergischen Christdemokraten noch mehr geschwächt.
Mit dem Verfahren, das die CDU-Bundespartei zum Königsweg für die Kür des neuen Parteichefs beschlossen hat, hat die Baden-Württemberg-CDU Erfahrung: als gebranntes Kind. Es wurde zweimal praktiziert, und die Folgen waren desaströs. Sie wirken eineinhalb Jahrzehnte nach dem ersten Mal bis heute nach. Deshalb ist nicht nur Manuel Hagel („Vorsicht an der Bahnsteigkante!“) skeptisch, was Mitgliederbefragungen anbelangt. Sie seien im Südwesten eben „kein Erfolgsmodell für ein gedeihliches Miteinander“ gewesen, betont er. Tatsächlich haben sie Parteifeindschaften und Lagerbildung befördert.
Doch der Reihe nach: Zum ersten Mal erprobte die Landes-CDU dieses Verfahren, als es um den Nachfolger von Erwin Teufel als Ministerpräsident ging. 2004 traten der Landtagsfraktionschef Günther Oettinger und die Kultusministerin Annette Schavan gegeneinander an. Im Wahlkampf gab es auf beiden Seiten das, was in der CSU als „Schmutzeleien“ bezeichnet würde. Während die einen Schavans sexuelle Orientierung zum Thema machten, zeichneten die anderen Oettinger als Luftikus mit zweifelhafter Moral. Damals begann die fatale Lagerbildung zwischen Modernisierern und Traditionalisten, die bis heute nachwirkt. Oettinger gewann mit 60 Prozent, Schavan unterlag mit 39 Prozent der Stimmen.
Eine Neuauflage gab es zehn Jahre später, als Thomas Strobl (44,1 Prozent) bei der Frage der Spitzenkandidatur im Landtagswahlkampf gegenüber dem damaligen Landtagspräsidenten Guido Wolf (55,9 Prozent) unterlag. Die Gräben zuzuschütten, die beide Verfahren aufgerissen haben, ist bis heute nicht gelungen.