Von der begehbaren Toilette bis zur Kuh im Kühlschrank: Kindergartenkinder erfahren in einer Sonderausstellung im Mercedes-Benz-Museum Wissenswertes über ihr Lebensumfeld – und das wunderbar spielerisch.
Stuttgart - Diese Wohnung ist aus Pappe – groß und geräumig und deutlich niedriger als zuhause, in Kindergröße sozusagen. Im Mercedes-Benz-Museum können in diesen Tagen Kindergartengruppen im wahrsten Sinne des Wortes hinter die Wände und in die Rohre gucken. So erfahren die Drei-bis Sechsjährigen, dass Dinge wie Strom aus der Steckdose oder Wasser aus dem Hahn, Milch und Eier im Kühlschrank oder Kakao und Kaffee auf dem Frühstückstisch nicht selbstverständlich sind, sondern irgendwo herkommen. Täglich besuchen drei Gruppen die Pappwohnung – so wie die 19 Kinder aus dem Kindergarten Güglinger Straße in Zuffenhausen. Sie werden unter dem Motto „Was macht die Kuh im Kühlschrank?“ von den Museumspädagoginnen auf spannende Zusammenhänge hingewiesen.
„Wir wollen mit diesem didaktischen Konzept gerade die Kleineren ihr Nahumfeld erkunden lassen“, erklärt der Ausstellungskurator Boris Dontscheff. „Wir fragen zum Beispiel, woher kommt das Wasser und wohin geht es?“ Durch die etwa einen Meter breiten, blitzsauberen Abwasserrohre beispielsweise. Die hatten es nicht nur den Kindern aus Zuffenhausen angetan, sondern – das beweisen die Kommentare im Gästebuch – auch vielen anderen. Die dazugehörige, begehbare Papp-Toilette ist allgemein der Renner, denn man kann in die Kloschüssel aus Karton klettern, sich dann durch das „Kanalsystem“ schlängeln, zwischendurch den Gullideckel nach oben drücken und Ausschau halten, was die anderen im Laborbadezimmer so treiben, wieder abtauchen und auf dem Weg nach Draußen jede Menge Kanalratten aus Plüsch einsammeln, die in den Rohren ihr Zuhause haben.
Die Fantasie der Kinder wird angeregt
Im angrenzenden Wohnzimmer dreht der sechsjährige Matteo gerade kräftig an einem Rad und erzeugt so Strom für die Stehlampe im Puppenhaus. „Im Keller kann ich so auch das Licht anmachen“, erklärt er. Vivien, die sich verkleidet hat, Lena und Hatice spielen währenddessen im riesigen Fernsehschirm Disneys „Elsa“ nach. Wer hier fernsehen will, muss sich das Programm selbst gestalten. Hintergrundkulissen sind reichlich vorhanden. Sie zeigen jeweils eine Szenerie aus einem fremden Land, denn auch das will die Mitmachausstellung: den Blick vom eigenen Mikrokosmos auf andere Kulturen und auf Zukunftsfragen lenken. Deshalb ist das Inventar fast vollständig aus Recycling-Material beziehungsweise aus zweckentfremdeten Alltagsgegenständen. Auch hier werden den Kindern Kreisläufe nähergebracht und die Fantasie angeregt.
Und natürlich gefällt den jungen Besuchern die Küchenzeile besonders gut. An ihrer Rückfront hocken zwei dralle Hennen und legen Plastikeier. Im Kühlschrank steht tatsächlich eine Plastikkuh und ist an einer Melkmaschine angeschlossen. Das zeigt, dass Milch vorrangig andere Erscheinungsformen als im Tetrapack hat. „Manchen Kindern fehlen die Grunderfahrungen, andere werden von den Einrichtungen sehr gefördert und natürlich spielt das Elternhaus eine zentrale Rolle“, stellt die Museumspädagogin Corinna Krebs-Haeberlein fest. Einer, der sich genau auskennt und sogar erklären kann, wie aus Milch Butter wird, ist der fünfjährige Matthias. „Mein Papa geht mit mir immer auf den Bauernhof“, erzählt er.
Blumensträuße aus Spaghetti
In der bespielbaren Pappwohnung lauern an vielen Ecken Überraschungseffekte, die neugierig machen und Fragen aufwerfen sollen. So wie die zu dekorativen Sträußen arrangierten Spaghetti im Blumenkorb oder die Fotos von verdorbenen Lebensmitteln, die zum verantwortungsvollen Umgang mit Essbarem erziehen sollen.