Erstmals in Stuttgart konnten am Samstag Privatleute Ermittler spielen und in der Stuttgarter Innenstadt einen fiktiven Mordfall lösen. Der Mitmachkrimi ist auf große Begeisterung gestoßen

Stuttgart - Arian Haxa kauert vor einem Obdachlosen, der sich gegenüber des Pusteblumenbrunnens niedergelassen hat. Unerbittlich bedrängt der 22-Jährige den lädiert aussehenden Mann. Haxa ermittelt in einem Mordfall. Gemeinsam mit seinem Team versucht er am Samstag im Zuge der ersten Citythriller-Tour durch die Stuttgarter Innenstadt das Geheimnis um den „Giftcocktail“ zu klären, der eine Dame niedergestreckt hat. Ob der abgerissene Typ an der Straßenecke als Täter in Frage kommt? „Hast du außer Fragen noch irgendwas anderes dabei?“, ranzt der Schauspieler des Citythriller-Teams den Hobby-Kriminalisten an. Der ist glücklicherweise nicht allein. Auch seine Freundin Bjondina Hajdari (22) ist eigens aus Ulm angereist, um an der Verbrecherjagd teilzunehmen. Günter Liersch und Anna Spring aus Reutlingen komplettieren das Team. „Ich sehe ja immer gerne, die „Rosenheim Cops“, verrät letztere.

 

Nun selbst die richtigen Fragen zu stellen, um dem Täter auf die Schliche zu kommen, ist gar nicht so einfach. Zudem gilt es, sich in der Landeshauptstadt zu orientieren. Wurde der Pusteblumenbrunnen noch konkret benannt, so werden die Treffpunkte mit den nächsten Informanten verschlüsselt. Wer den Hausmeister des Domizils finden will, in dem die Ermordete logierte, muss schon ein bisschen Ahnung von Stuttgarter Institutionen haben oder zusätzlich den Sonderermittler Dr. Google heranziehen. „Irgendwie fand ich den witzig“, zeigt sich Spring nach dem Verhör von dem jungen Mann angetan, der nicht nur Waschmaschinen reparieren kann, sondern ihr zum Abschied auch noch andere Dienste angeboten hat. Als Mörder zieht die 61-Jährige den Hallodri eher nicht in Erwägung.

„Sie müssen nicht so schreien – da bringt nichts“

Während die Gruppe am nächsten Orakel herumknobelt, hat sich das Wetter eingetrübt. Wie weit ist es bis zur Kollegin der Toten, die unbedingt vernommen werden muss? Im wirklichen Leben heißt diese Verdächtige Stephanie Jost. Die Schauspielerin verkörpert ihre Rolle im „Giftcocktail“ bereits seit Jahren. „Mit der Zeit verinnerlicht man seine Rolle natürlich“, kommentiert sie das Engagement im Zuge des Krimi-Events. „Einerseits ist es anstrengend, von so unterschiedlichen Leuten bedrängt zu werden. Manche Teams spielen Good Cop, Bad Cop, manche versuchen einen mit besonders cleveren Fragen aufs Glatteis zu führen und immer muss man improvisieren. Das macht aber einen Riesenspaß.“

In Köln, Düsseldorf, München und Hamburg wurden bereits mehrfach Citythriller gelöst. In Stuttgart war man bis dato noch nicht im öffentlichen Raum aktiv. „Aus anderen Anlässen waren wir durchaus schon hier“, lässt Geschäftsführerin Margarita Horbach wissen, „etwa auf Einladung von lokalen Automobilherstellern.“ Für private Ermittler ist die urbane Detektivarbeit etwas Neues. Das gilt offenbar auch für die Passanten. „Sie müssen nicht so schreien. Das bringt nichts“, rät einer dem glaubhaft zeternden Gatten der Vergifteten. Alle Rollen sind ausgesprochen überzeugend besetzt.

„Bittere Pille“ wird im September gespielt

Verhaften dürfen die Teilnehmer niemanden. Körperkontakt ist tabu. Ganz der Tradition des bestechend logisch kombinierenden Genies Sherlock Holmes steht das Mitdenken im Vordergrund. Beim Finale dürfen schließlich alle Gruppen ihren Täter benennen. Erst dann erfolgt der Zugriff. „Wir waren wirklich nah dran“, stellt Bjondina zufrieden fest. Sie hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Gruppe die richtige Person dingfest machen konnte. Als man sich zum Abschlussfoto versammelt, outet sich ein Paar als Wiederholungstäter: „Wir haben schon einmal ,Bittere Pille‘ in Hamburg gespielt.“ Ende September können Interessierte auch in Stuttgart diesen Fall lösen.