„Annica Hansen“ läuft quotenmäßig ungefähr so gut wie „Britt“, um die zehn Prozent Marktanteil – trotz oder gerade wegen der Publikumsempörung. Die setzt allerdings an der falschen Stelle an. Dass beim Hansen-Talk überaus fantasiereiche Autoren am Werk sind, ist nicht schlimm. Bei keinem der bisher üblichen Nachmittagstalks setzt sich ein Gast einfach hin, so wie er ist. Sein mutmaßlich echtes Schicksal oder Problem, das sich meist im Intimbereich befindet, wird redaktionell stets in Richtung Remmidemmi getrimmt. TV-Dominas wie Britt treiben es dann auf die Spitze mit Detailfragen wie: „Nicht der Bringer im Bett – was heißt das genau?“

 

Nein, schlimm an „Annica Hansen“ ist, dass, auch wenn nur so getan wird, hier eine Art von Rederei reanimiert wird, die man eigentlich auf dem Weg zum Fernsehfriedhof wähnte. Enthemmte Kommunikation hat zur Mittagszeit, wenn auch Kinder und Jugendliche zuschauen, nichts im Fernsehen verloren. Abgesehen davon ist der Nutzwert der am Ende jeder Show dargebotenen Konfliktlösung in Lichtgeschwindigkeit sehr überschaubar. Oder soll man etwa aus Hansens Freitagssendung zum Thema „Schön ist es, auf der Welt zu sein“ jetzt schließen: Wer sich enthaart, bei dem klappt es wieder besser im Bett?

Diese Woche gibt es weitere fünf Folgen „Annica Hansen – Der Talk“. Danach probiert Sat 1 das ganz ähnliche Format „Erich-Marcus Thomas“ aus. Wie und ob es im Herbst weitergeht, wird der Sender dann entscheiden. Eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera.