Wenn die Esskultur flöten geht, muss nachgeholfen werden. Der Hobbykoch Martin Peter startet einen Versuch in seiner Wohnung am Marienplatz – und dabei geht’s nicht um Tischmanieren, sondern um die Gemeinschaft beim Essen.

Stuttgart – Einmal in der Woche lädt Martin Peter seine Freunde und deren Bekannte zum gemeinsamen Mittagessen ein. Sein Mittagsbuffet besteht aus ausgefallenen und vom Hobbykoch selbst zubereiteten Gerichten, das Woche für Woche ein dutzend Gäste an den großen Esstisch in der Altbauwohnung des ehemaligen Kunst- und Deutschlehrers lockt.

 

Anstatt sich anonym in ein hektisches Restaurant, in überfüllte Cafés oder gar in einen Fast-Food-Laden zu setzen und beim schnellen Mittagessen nebenher die Mails am Handy zu checken, wird hier die Möglichkeit geboten, sein Essen und besonders die spannenden Gespräche der lustigen Runde zu genießen. Angehaucht vom Supper-Club-Konzept, bei dem in privaten Locations auf Restaurant-Niveau für meist unbekannte Gäste gekocht wird, bietet Martin Peter in seiner Wohnung neben Eigenkreationen auf dem Teller auch noch einen beeindruckenden Ausblick auf den Marienplatz.

Weshalb er das macht? Dem Hobbykoch geht es darum, die traditionelle Esskultur wieder in den Alltag zu integrieren.

Angefangen haben die regelmäßigen Mittagstische mit ein paar engen Freunden, mittlerweile hat die Mundpropaganda Martin Peters Email-Verteiler auf hundert Adressen wachsen lassen. Damit nicht zu viele Leute vor der Tür stehen, muss man sich per Mail anmelden und nur die ersten vierzehn Rückmeldungen haben das Glück im Design-Esszimmer des Kunstliebhabers einen tollen Mittag zu verbringen.

Der Geruch der Ferne

Aufgewachsen ist Martin Peter in Ravensburg, wo er viel Zeit in der Kolonialhandlung seiner Eltern verbracht hat. „Für mich hatten alle Jahreszeiten dadurch sehr intensive und interessante Gerüche und ich war so davon fasziniert, wie viel mein Vater über verschiedene Lebensmittel aus der ganzen Welt wusste“, erinnert sich der Hobbykoch. In dieser Zeit habe er auch gelernt, wie wichtig die Gemeinschaft am Tisch sei: „Bei uns waren immer sehr viele Menschen beim Mittagessen an einem Tisch. Das ist das, was mir heute etwas fehlt und was ich gerne ändern würde.“

Martin Peter spricht dabei oft von „Esskultur“. Besonders stolz ist er darauf, dass es nicht nur die Nachbarn um die Ecke sind, die ihn immer wieder gerne besuchen, es gibt sogar Gäste, die in ihrer Mittagspause den Weg aus Esslingen auf sich nehmen, um das Gemeinschaftsgefühl à la Martin am Mittagstisch zu erleben.

Karl May und die Cowboys

Das Interesse fürs Kochen wurde bei Martin Peter schon in der ganz frühen Kindheit geweckt. Wenn sich die Cowboys in Karl Mays Geschichten am Abend Fleisch zubereitet haben, wurde der kleine Junge neugierig: „Ich habe meine Mutter immer wieder gefragt, wie das denn wohl schmeckt und dann hat sie mich eben zum Metzger geschickt, damit ich Fleisch besorge und es dann selber zubereiten und probieren kann. Beim ersten Versuch hat es natürlich furchtbar geschmeckt, aber damit hat das Ausprobieren dann begonnen“, erklärt Martin Peter, der sich auch heute noch als großer Winnetou-Fan outet.

„Ich weiß sogar noch was das erste Gericht von mir war, das lecker geschmeckt hat: Vitello Tonnato!“ Nicht unbedingt ein typisches Gericht für einen kleinen Jungen, der gerade kochen lernt, aber er mochte es eben schon immer etwas ausgefallener.

Mittlerweile holt er sich seine Inspiration fürs Kochen zwar nicht mehr aus Indianergeschichten, dafür bringt er aus jedem Urlaub mit seiner Frau Uta neue Rezeptideen mit. Und selbst in der Ferne ist er für seinen berühmten Mittagstisch am Marienplatz bekannt: „Sogar in Marrakesch wurde ich einmal auf dem Markt von einem Mann angesprochen, der von meinen Freunden mal zum Mittagessen bei mir mitgenommen wurde. So etwas ist immer nett und dafür mache ich das auch so gerne.“