Ein Hobbygärtner aus Marbach braut sich sein eigenes Pflanzenschutzmittel zusammen – und bringt damit mehrere Behörden und einen Pflanzenhändler gegen sich auf.

Marbach - Gerhard Bauer hat nie „Breaking Bad“ geschaut. Der Protagonist jener US-Serie, Walter White, ein an Krebs erkrankter Chemielehrer, der anfängt Crystal Meth zu kochen, um finanziell für seine Familie vorzusorgen, ist dem Hobbygärtner aus Marbach also kein Begriff. Anders als der Drogenkoch in New Mexiko hat Gerhard Bauer nichts hochgradig Illegales getan. Mehrere Behörden verärgert und eine Landwirt-Genossenschaft in Erklärungsnot gebracht hat er aber schon.

 

Was ist passiert? Gerhard Bauer, Tüftler und Naturfreund, hat ein natürliches Mittel gegen den Buchsbaumzünsler entwickelt. Die Raupen des aus Ostasien eingeschleppten Schmetterlings gelten in deutschen Gärten als Schrecken, weil sie Buchsbaumhecken kahl fressen. Bauers Idee gegen den Schädling: Algenkalk. „Der wird in der Landwirtschaft eigentlich als Düngemittel eingesetzt“, sagt der 65-jährige gelernte Verpackungsmechaniker. Ein Kalk-Wasser-Gemisch auf die Blätter gesprüht bewirke, dass die Eier der Raupen nicht mehr gut an den Blättern haften.

Falls doch Eier hängen bleiben, sprüht er eine Mischung aus Molke und Kaliseife nach – Mittel, die eigentlich gegen Pilzbefall und Blattläuse helfen sollen. Der Effekt: Die Kokons verkleben, die Raupen kommen nicht mehr raus. Und selbst wenn doch: Die eingeseiften Blätter fressen sie dann nicht mehr. Die Mittel funktionierten auch bei Tomaten, Paprika oder Obstbäumen, die Ernte des vergangenen Jahres gebe ihm Recht. Bauer half anderen Buchsbaumzünsler-geplagten Gartenbesitzern mit seinem Rezept und schaffte es damit in die „Marbacher Zeitung“. Und damit fingen die Probleme an.

Die Labag will die Komponenten von Bauers Mittel nicht verkaufen

Andere Hobbygärtner wollten es Bauer gleichtun und versuchten, die Bestandteile seiner Mixtur bei der Labag in Marbach zu kaufen. Die landwirtschaftliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft, ursprünglich ein Zusammenschluss von Landwirten, betreibt auch Märkte rund ums Thema Pflanzen in Marbach und Großbottwar. Dort wollte man den Kunden aber nicht weiterhelfen. „Wir haben keine Ahnung, ob diese Mischung auch für andere Insekten gefährlich ist oder nicht“, sagt der Geschäftsführer Jürgen Häußermann. Wollte ein Unternehmen Bauers Methode gewerblich nutzen, müsste es ein langwieriges und teures Zulassungsverfahren durchlaufen. Die Komponenten seien einzeln zwar unbedenklich, dennoch gelte ein Mischungsverbot. Daher wolle man Abstand nehmen von Bauers Rezept. Man verkaufe lieber Mittel, die garantiert ungefährlich beispielsweise für Bienen seien.

Auch im Landratsamt war man nicht erfreut über Bauers Rezept: „Algenkalk ist nur als Düngemittel erlaubt, man darf es nicht auf Pflanzen auftragen“, sagt Markus Klohr, Sprecher der Behörde. Kaliseife wiederum löse den Chitinpanzer von Insekten auf, die dann vertrockneten. „Deshalb darf es nur privat in kleinen Mengen, nicht aber gewerblich verwendet werden.“ Und Molke sei als Pflanzenschutzmittel nur gegen Mehltau zugelassen und auch nur bei Gurkengewächsen.

Am Ende schaltet sich sogar das Regierungspräsidium ein

Gerhard Bauer sagt, dass er von diesen gesetzlichen Vorgaben nichts gewusst habe. Er betont, dass er sich mit seinen Tipps ausschließlich an Privathaushalte und Kleingärtner gerichtet habe. Auch habe er damit kein Geld verdienen wollen. Die Kaliseife verwende er im Übrigen schon lange nicht mehr – eine höhere Konzentration an Molke im Wasser tue es auch.

Am Ende schaltete sich sogar das Regierungspräsidium Stuttgart ein: Eine EU-Verordnung verbiete die eigene Herstellung von Pflanzenschutzmitteln, sagt Friedrich Merz, Referent für Pflanzenschutz. Die Bußgelder dafür liegen zwischen 100 und 50 000 Euro. Die Verordnung richte sich aber hauptsächlich an Gärtnereien und Landwirte, die großflächig Pflanzenschutzmittel sprühten. Bei Privatleuten gelte laut Merz meist der Grundsatz: Wo kein Kläger, da kein Richter. So auch bei Gerhard Bauer. Er hat dennoch bei Jürgen Häußermann und der Labag angefragt und um einen Termin gebeten, um sein Rezept näher zu erläutern.

Zumindest kurzfristig wird daraus aber nichts, wie Häußermann sagt: Die Labag feiert Ende Juni ihr 100-jähriges Bestehen. Davor werde es nichts mit dem Treffen. Die Nachfragen nach den Komponenten von Bauers Rezept hätten ohnehin aufgehört, so Häußermann. „Es ist Ruhe eingekehrt.“ Bauer selbst lässt die Reaktion der Behörden kalt: „Das macht mir nichts aus.“ Er will seine Mixtur weiter sprühen.