Jugendliche von der mobilen Jugendarbeit ziehen eine Nacht lang durch die Stadt, um armen Leuten Gutes zu tun.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Mal etwas für andere tun. Einfach so, ohne Hintergedanke ohne, auf Lob und Anerkennung zu linsen. Diese vorweihnachtlichen Gefühle haben acht junge Männer bei der Mobilen Jugendarbeit in Stuttgart Süd befallen. Sie sind damit zu ihrem Mobilen Jugendarbeiter Tavit Baykar gegangen, der im Sommer schon mit ihnen so ein „geiles Wanderprojekt durchgezogen“ hatte. Also, was anstellen mit der positiven Energie? Baykar und seine Jungs wussten rasch: Sie wollten Menschen helfen, denen es nicht gut geht.

 

So kamen sie auf die Idee, kurz vor Heiligabend loszuziehen zu den einschlägig bekannten Schlafplätzen derer, die auch im Winter auf der Straße nächtigen. Am Donnerstagabend, 21. Dezember, wollen sie gegen 21.30 Uhr durch die Stadt streifen – zu einer Zeit, da die meisten Leute von der Arbeit und vom Einkaufen heimgekehrt und die Straßen wie leer gefegt sind. Es ist die Zeit, in der sich die Stadt sich von ihrer unwirtlichen Seite zeigt und einsam anfühlt.

Neugierig auf Lebensgeschichten

„Die obdachlosen Menschen tun uns einfach leid!“, sagt Luka Juric. „Und es ist kein großer Akt für uns, den Leuten was zu Essen und zu Trinken mitzubringen, vielleicht ins Gespräch zu kommen. Ich glaube, das gibt diesen Mensch mehr, als wir Aufwand damit haben“, sagt der 17-Jährige. Juric hofft, dass er sich mit den Obdachlosen ein bisschen unterhalten kann und etwas erfährt aus deren Lebensgeschichten.

Sein Jugendarbeiter Tavit Baykar betont, dass es ihm und den Jungen nicht darum geht, „etwas Gutes zu tun, um sich gut zu fühlen. Das wollen wir nicht. Wir wollen Gutes tun, damit es den anderen gut geht“. Der 18-Jährige Direne Görotas erzählt, dass sie einkaufen, Brötchen schmieren und Tee kochen wollen, um die Sachen dann den Menschen auf der Straße vorbeizubringen. Auch ein paar warme Klamotten wollen sie für ihre Aktion noch sammeln, um sie weiterzugeben.

Misstrauen ist angezeigt

Besprochen hat die Gruppe auch, was sie tun wollen, wenn ein Obdachloser abwehrend reagiert und sie fortjagd. In Anbetracht der brutalen Angriffe auf Obdachlose, die sich in den vergangenen Jahren gehäuft haben, ist deren Misstrauen verständlich, sagt Baykar. Keinesfalls wollten sie sich den einzelnen Leuten als ganze Gruppe nähern, das würde bedrohlich wirken. Sollte ein Obdachloser Angst vor ihnen haben, wolle er sich als Sozialarbeiter ausweisen. „Aber man muss halt auch akzeptieren, wenn uns jemand nicht haben will. Man muss die Grenzen des Anderen respektieren“, sagt Direne Görotas.

Luka Juric ist zuversichtlich, dass die meisten Obdachlosen eher positiv auf die Jungs reagieren werden: „Wenn man nett zu jemandem ist, kommt Nettigkeit zurück“ – zumindest sei dies seine Erfahrung. Tavit Baykar glaubt, dass ihre Aktion am Abend des 21. Dezember auch eine gewisse politische Wirkung entfalten könnte. „Man kann mit so einer Aktion halt auch mal zeigen, dass es nicht bloß Jugendliche gibt, die Obdachlose im Schlaf anzünden oder sie halb tot prügeln, sondern auch solche, die diesen Menschen einfach bloß helfen wollen, die Gutes tun wollen.“