Die Mobile Jugendarbeit Süd hat einen Förderverein gegründet. Was noch fehlt, sind Mitglieder. Besonders gefragt sind Steuerberater, Rechtsanwälte, Handwerker oder Lehrer im Ruhestand.

S-Süd - Die Mobile Jugendarbeit hat Margarete Kurfess über ihren Sohn kennen gelernt. In einer schwierigen Zeit haben ihn die Sozialarbeiter dort sehr unterstützt. Ihr Sohn habe lange keine Ausbildungsstelle nach seinem Schulabschluss an der Lerchenrainschule gefunden, erzählt die 48-Jährige. Anfangs habe es Absagen gehagelt, er habe immer wieder Tiefpunkte überwinden müssen. Gerade in dieser Zeit hätten sich die Sozialarbeiter der Mobilen Jugendarbeit viel Mühe gegeben. Inzwischen hat Kurfess 20-jähriger Sohn mit der Unterstützung der Sozialpädagogen eine Lehrstelle als Fachlagerist gefunden.

 

Mit der sozialen Einrichtung in Heslach will die Mutter zweier Söhne verbunden bleiben. Deshalb ist sie seit kurzem Vorsitzende des neu gegründeten Fördervereins. „Es muss etwas im Stadtbezirk geben, was die Jugendlichen noch mehr unterstützt“, erklärt Kurfess ihre Motivation.

Viele arme Familie im Stadtbezirk

Von ihrem Engagement als Elternbeiratsvorsitzende in der Lerchenrainschule weiß sie, dass es viele arme Familie im Stadtbezirk gibt. Die Zielgruppe der Mobilen Jugendarbeit sind zumeist genau diese Kinder aus sozial schwachen Familien, auch Jugendliche mit Migrationshintergrund und die Schüler der Lerchenrainschule, wo die vier Mitarbeiter auch als Schulsozialarbeiter tätig sind.

Dreimal die Woche sind die vier Sozialarbeiter der Mobilen Jugendarbeit zudem im Stadtteil unterwegs. Auf dem Marienplatz, auf dem Südheimer Platz oder vor den Schulen – überall dort, wo sich die Jugendlichen gerne treffen. Neben der klassischen Streetworker-Arbeit kümmern sie sich jährlich um 300 Fälle pro Jahr in Einzelberatungen. „Mit unseren Ressourcen sind wir damit am Ende“, sagt Teamleiter Jonas Puhm. Mehr könne das Team nicht leisten, weshalb die Unterstützung durch einen Förderverein dringend notwendig sei, ergänzt der 32-jährige Sozialpädagoge. Seit 2009 ist Puhm bei der Mobilen Jugendarbeit in Heslach tätig. Im Förderverein ist er stellvertretender Vorsitzender.

Oft fehlt ein Ansprechpartner

Die Dienste der Mobilen Jugendarbeit werden im Stadtteil sehr gerne angenommen. Konflikte mit anderen oder persönliche Probleme sind die Gründe, warum die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu Jonas Puhm und seinen Mitarbeitern kommen. Und: „Der Übergang von der Schule in den Beruf ist ein sehr großes Thema“, so die Erfahrung Puhms. Gerade Kindern aus bildungsfernen Familien fehlt in diesem Bereich oft ein Ansprechpartner. Diese Lücke will die Mobile Jugendarbeit schließen – in Zukunft noch mehr mit dem Förderverein.

Nachhilfelehrer und Internet-Experten gesucht

Bisher hat der Verein zehn Mitglieder. Ideal fänden sie, wenn sich Steuerberater, Rechtsanwälte, Handwerker oder Lehrer im Ruhestand aus dem Stadtbezirk einbringen. „Die haben ein gewisses Know-how in unseren Themen“, sagt Puhm. In der Findungsphase, bei Bewerbungen oder bei Vorstellungsgesprächen könnten viele der Jugendlichen und jungen Erwachsenen Hilfe gebrauchen.

Seit 21 Jahren ist die Mobile Jugendarbeit Süd in Heslach tätig. Nun haben die vier Sozialarbeiter mit den zehn engagierten Bürgern aus dem Stadtbezirk erstmals zusätzliche Hilfe. Im Dezember 2014 trafen sie sich erstmals, um einen Förderverein zu gründen. Ziel ist, die Sozialarbeit im Süden nicht nur ideell, sondern vor allem finanziell zu unterstützen. Nach der Findungsphase im letzten halben Jahr wollen die Vereinsmitglieder jetzt richtig mit ihrer Arbeit loslegen.

Zunächst sind es kleine Dinge, welche die Einrichtung benötigt. Nachhilfelehrer für die Ferien zum Beispiel. „Wir dachten, da an Studenten“, sagt Kurfess. Finanziert würde dies aus Mitteln des Fördervereins. Langfristig sollen dann auch die Räume und der Hinterhof des Gebäudes in der Möhringer Straße 87b schöner werden. An erster Stelle steht aber eine eigene Homepage. Dafür sucht die Mobile Jugendarbeit dringend jemand, der das technische Wissen und die Zeit hat, um diese zu erstellen und anfangs zu pflegen. „Wir sind ja nur Sozialarbeiter“, sagt Puhm und lacht.

Einsatz für Jugendliche

Entstehung
Die Mobile Jugendarbeit entstand im Jahr 1967 als Ergänzung zur offenen Jugendarbeit. Die Aufgabe der Sozialarbeiter ist es, gefährdete Jugendliche zu erreichen. Angestoßen durch diese neue Form der Jugendsozialarbeit begann sich seit Mitte der 1970er die Mobile Jugendarbeit in anderen Städten und Gemeinden zu etablieren. Heute ist es bundesweites Angebot.

Aufgaben
Die Streetworker der Mobilen Jugendarbeit holen die Jugendlichen dort ab, wo sie sich aufhalten: in der Schule und auf der Straße. Seit den 1990ern engagieren sich die Mitarbeiter in zahlreichen Stuttgarter Schulen beim Ausbau der Schulsozialarbeit. Inzwischen besteht eine enge Kooperation zwischen offener und mobiler Jugendarbeit und den Schulen nach dem sogenannten „Stuttgarter Modell“.

Tradition
Die Mobile Jugendarbeit ist tief in den Stuttgarter Stadtbezirken und in den örtlichen Kirchengemeinden verwurzelt. Die Pfarrer vor Ort unterstützen gemeinsam mit Ehrenamtlichen die Arbeit der Einrichtungen. Gemeinsame Träger sind der Caritasverband Stuttgart, die beiden Kirchengemeinden und die Evangelische Gesellschaft Stuttgart (eva). Insgesamt gibt es 17 Stadtteilteams.