Den Schutz der Privatsphäre hätten viele Internetnutzer gerne möglichst einfach und billig. Ob Hochsicherheitshandys wie das auf dem Bild gezeigte einen Markt finden, ist offen. Doch das so genannte Tracking umfasst immer mehr Lebensbereiche.
Barcelona - Der stechende Blick auf das kleine Quadrat auf dem Tabletcomputer hilft nicht weiter. Die Software von „Eye Tribe“ scheint die Brille des Betrachters nicht zu mögen. Auch nachdem das Programm das individuelle Augenpaar endlich identifiziert hat, will es partout nicht die Testseite allein durch Blickkontakt öffnen, wie es das Startup aus Dänemark verspricht. „Vielleicht halten sie den Bildschirm falsch. Bei neun von zehn Leuten funktioniert es“, sagt der Mann am Stand. Der Mensch scheint sich der Technik manchmal doch noch zu entziehen.
Viel ist von den Datenspuren im Internet die Rede. Doch der Mensch kann längst in allen Lebensäußerungen erfasst werden. Das so genannte Tracking ist ein Leitmotiv des diesjährigen Mobile World Congress in Barcelona. Sensoren, wie sie etwa die Firma Invensense, die das Wirtschaftsmagazin Forbes zu einer der besten IT-Firmen der USA gekürt hat, in Smartphones einbaut, erkennen exakt, in welche Richtung und in welchem Tempo sich ein Fußgänger bewegt. Für das Bauteil reicht eine Fläche von zweieinhalb auf zweieinhalb Millimeter. Damit können die Mobilfunkanbieter den Nutzer auf den Meter genau verfolgen – auch in Innenstädten oder Messehallen, wo das bisher schwierig war. Der Schweizer Anbieter Key Lemon bietet eine Gesichtserkennung an, die angeblich weitere Identifizierungsdaten überflüssig macht. „Unsere Technologien, die das Verhalten, Interesse und die Beteiligung der Nutzer erfassen, sind die Lösung für die heutigen Herausforderungen an das digitale Marketing“, heißt es in einer Firmenmitteilung.
Dass Fingerabdrücke zur Freigabe von Geräten genutzt werden, ist heute Standard: Apple und Samsung bieten dies auf ihren Smartphones an. Eine chinesische Firma namens FingerQ erlaubt es sogar, jede einzelne Mail per Fingerabdruck vor unerwünschtem Zugriff zu sichern. Doch geschützt sind die Informationen dann nur auf diesem einen Gerät. Der Herr am Stand lächelt auf die Frage, ob man die Mails so auch beim Versand verschlüsseln könnte. Das funktioniert nicht.
Ist der Ehegatte eine größere Bedrohung als die NSA?
Der Schutz vor den eigenen Kindern – oder vor dem Ehegatten – scheint manchmal wichtiger als der vor der NSA. So bietet etwa Samsung auf seinem neuen Galaxy S5 einen Filter an, wenn man das Gerät Kindern zum Spielen gibt. Auch der tschechische Anbieter AVG, der sich auf Antivirenprogramme für Android-Geräte spezialisiert, offeriert einen Kinderschutz. Doch hier kann man auch demonstrieren, wie transparent der Schutz der Privatsphäre sein könnte – wenn er für Google, Facebook & Co. denn Priorität hätte. Eine App bietet einen Sofortüberblick darüber, wie gut die Schutzeinstellungen auf den eigenen Internetkonten sind. Auf den Prozentpunkt genau erfährt der Nutzer, wie gut er die Schutzeinstellungen ausgereizt hat. Das Programm ist gratis – verkaufen lässt sich so etwas offenbar nicht. Die Nutzer zahlen lieber für den Schutz ihrer Smartphones. AVG bietet ein kostenpflichtiges Programm an, das die Handykamera nach einem Diebstahl unauffällig Fotos des Täters schießen lässt. Samt den aktuellen Positionsdaten des Geräts wird das dem Besitzer dann per Mail zugeschickt. Spionage für den Hausgebrauch.
Weiter sind da die meisten Firmen. Senthil Krishnapillai, der bei dem deutschen IT-Anbieter SAP für die Sicherheitssysteme im Mobilbereich zuständig ist, glaubt, dass so mancher Arbeitnehmer das Thema Sicherheit entdeckt hat, als er sein privates Smartphone geschäftlich zu nutzen begann. Da stellte sich auf einmal die Frage, wie private Daten abgeschottet werden können. „Das hat stärker sensibilisiert als der ganze NSA-Skandal“, sagt Krishnapillai. Verschlüsselte Kommunikation ist auf solchen halb privat, halb dienstlich genutzten Geräten selbstverständlich – das fordert schon der Arbeitgeber.
Doch es gibt auch Sicherheit jenseits des Internets. Ein traditionelles Speichermedium für sensible Daten führte in Barcelona die Münchner Firma Giesecke & Devrient vor, die auch Geldscheine druckt. Es ist der von der Bankkarte bekannte, goldglänzende Chip. „Um die Daten zu schützen, müssen sie nicht wie im Internet mit immer komplizierteren Passwörtern behelligt werden“, sagt der Sicherheitsexperte am Messestand. Nach drei Versuchen, den PIN- Code zu knacken, ist Schluss. Was bleibt, ist das Risiko, die Karte zu verlieren. Da liegt die Versuchung nahe, die Daten doch als Backup zu speichern. Vielleicht im Netz? Der Experte schüttelt den Kopf: „Das können sie tun. Aber Sicherheit und Bequemlichkeit passen oft nicht zusammen.“
Wie Verschlüsselung nutzerfreundlich werden könnte
Sicherheitshandy - In Barcelona wurde eine Reihe von Geräten vorgestellt, die auch für Privatleute verschlüsselte Kommunikation ermöglichen sollen. Am prominentesten präsentiert wurde das Blackphone (siehe Bild) aus einer Kooperation der IT-Sicherheitsfirma Silent Circle aus den USA und des spanischen Herstellers Geekphone. Das Gerät benutzt eine eigene Variante von Googles-Betriebssystem Android und verschlüsselt automatisch Anrufe, Mails und Textnachrichten. Doch neben dem Kauf des für rund 460 Euro nicht gerade billigen Handys muss man nach einem Jahr ein Abonnement abschließen, um weiter verschlüsselt zu kommunizieren.
App – Dank zumeist gratis erhältlicher Programme lässt sich ein solcher Schutz aber auch selbst zusammenbasteln. Es gibt etwa die kostenlose App Redphone, die Telefonanrufe codiert und über das Internet leitet. Allerdings funktioniert die Verschlüsselung nur dann, wenn der Empfänger am anderen Ende auch entsprechend registriert ist.