Das Handy und das Internet sind aus dem täglichen Leben der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken. Doch die Meinungen darüber, welche Technik und Übertragungsraten notwendig und sinnvoll sind, gehen auseinander.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Rohr/Sonnenberg - Die Deutsche Funkturm GmbH will sowohl auf der Rohrer Höhe als auch in Sonnenberg neue Mobilfunkmasten aufstellen. Das Ziel sei eine bessere Versorgung mit dem Mobilfunkstandard LTE, sagt das Unternehmen. Doch wozu braucht es diese Technik? Und gibt es Alternativen?

 

Was genau ist der moderne Mobilfunkstandard LTE?

Die Abkürzung LTE steht für „Long Term Evolution“. Es ist die sogenannte vierte Mobilfunkgeneration, die oft mit dem Kürzel 4G beschrieben wird. In Deutschland wurde LTE Ende 2010 eingeführt. Seitdem etabliert sich dieser Standard immer mehr als gängige Option für alle, die schnelles Internet für unterwegs auf ihrem Smartphone haben wollen.

Was kann LTE?

Im Vergleich zu den Vorgängerstandards hat LTE einige Vorteile. Er ist schneller, das heißt, die Wartezeiten beim Laden einer neuen Internetseite sind deutlich kürzer. LTE ermöglicht Übertragungsraten von 50 bis etwa 500 Megabit pro Sekunde. Zum Vergleich: beim Mobilfunkstandard UMTS waren es maximal 0,384 Megabit pro Sekunde. Die Internetverbindung ist bei LTE in der Regel stabil, auch wenn das Mobiltelefon bewegt wird – zum Beispiel weil sein Besitzer gerade läuft oder mit dem Auto fährt. Zudem verbraucht LTE nicht so viel Strom, der Akku hält also länger. Nicht zuletzt hat, wer die vierte Mobilfunkgeneration nutzt, mittlerweile eine bessere Netzabdeckung als bei den Vorgängerstandards.

Für wen ist ein flächendeckender LTE-Ausbau wichtig?

Auf die Frage, ob die Stadtverwaltung einen flächendeckenden Ausbau mit dem Mobilfunkstandard LTE verfolgt, antwortet der städtische Pressesprecher Martin Thronberens: „Die Frage ist doch, was erwarten die Stuttgarter?“ Den Bürgern sei ein funktionierendes Mobilfunknetz wichtig. Besondere Bedeutung werde dabei dem Übermitteln von Daten zugemessen, dafür sei ein flächendeckender Ausbau des Mobilfunkstandards LTE notwendig. Die Mobilfunkbetreiber und die Verwaltung würden versuchen, dem gerecht zu werden, sagt Thronberens. Auf die Frage, ob es Alternativen zum LTE-Ausbau gebe, antwortet er kurz und bündig mit einem „Nein“.

Kann der Breitband-Ausbau eine Alternative sein?

„Breitband“ ist ein Sammelbegriff für Internetzugänge mit einer hohen Datenübertragungsrate. Es gibt verschiedene Techniken. Im Gegensatz dazu werden Internetzugänge mit einem Analog- oder ISDN-Modem als „Schmalband“ bezeichnet. Man kann sich das gut bildlich vorstellen: Ein „schmales Band“ ermöglicht nur einen geringen Datendurchsatz. Das Internet ist langsam. Beim Breitband ist der Datendurchsatz groß, das Internet ist viel schneller. Beiden Techniken gemeinsam ist, dass man ein Kabel braucht. Wer mit seinem Mobiltelefon unterwegs ist und die passende Zugverbindung sucht, dem nutzt das beste Breitband nichts. Vorteile der Kabelverbindung sind, dass die von Mobilfunkkritikern bemängelte Strahlung nicht anfällt und es keine sichtbaren Masten, sondern nur unterirdische Leitungen gibt.

Was kann mit sogenannten Kleinzellensendern erreicht werden?

Die Mobilfunkgegner in Rohr haben vorgeschlagen, mit Kleinzellensendern ein leistungsfähiges Netz aufzubauen. Kleinzellensender werden grundsätzlich an das Glasfasernetz angeschlossen, die Technologie geht also mit dem Breitbandausbau einher. „Der Vorteil des Kleinzellennetzes ist, dass die Versorgungskapazität von kleinen Gebieten deutlich erweitert werden kann“, sagt Martin Thronberens. Die kleinen Bereiche werden gezielt versorgt, insofern werde die Strahlenbelastung minimiert, sagt der Pressesprecher. Um das deutlich zu machen, könne man an eine Straßenlaterne denken. Wenn sie ein großes Quartier oder einen ganzen Stadtteil erhellen solle, müsse die Laterne eine gewisse Ausgangsleistung haben. So sei es auch bei einem großen Mobilfunkmast. Im Gegensatz dazu könne eine kleinere Laterne mit geringerer Leistung aber auch gezielt eine verwinkelte Gasse erhellen beziehungsweise ein Kleinzellensender ein begrenztes Gebiet mit schnellem mobilen Internet versorgen.

Können viele Kleinzellensender einen großen Sendemast ersetzen?

Kleinzellensender decken nur ein beschränktes Versorgungsgebiet ab. Um eine komplette Straße zu versorgen, müssten daher viele Sender installiert werden. Das ist teuer, denn für jeden einzelnen Sender ist ein Strom- und ein Glasfaseranschluss notwendig. Und wenn die Sender an Gebäude angebracht werden sollen, muss mit jedem einzelnen Eigentümer ein gesonderter Mietvertrag abgeschlossen werden. Es sei fraglich, ob sich an einer Straße ausreichend Gebäudeeigentümer finden lassen, die dazu bereit seien, sagt Thronberens. Auch in technischer Hinsicht haben Kleinzellensender einen Nachteil. Denn das Signal muss immer von Sender zu Sender übertragen werden. Das führt häufig zu Störungen, insbesondere wenn man unterwegs mobiles Internet nutzen möchte wie zum Beispiel bei einem Navigationsgerät im Auto.

Werden Lücken im Festnetz mit zusätzlichen Sendemasten gestopft?

Die Sendemastgegner in Rohr werfen der Deutschen Funkturm GmbH vor, Versorgungslücken im Festnetz mit zusätzlichen Sendemasten stopfen zu wollen, anstatt den teuren Breitbandausbau voranzutreiben. Das könne man so sehen, wenn „man die Nachteile des stationären Breitbandausbaus ausblendet und die Vorteile des mobilen Datenverkehrs nicht in Anspruch nehmen will“, sagt Martin Thronberens. Wer in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit mit dem Handy auf verschiedenen Nachrichtenportalen unterwegs ist, um sich zu informieren, dem nutzt der Breitbandausbau allein also wenig.

Was kann die neue Mobilfunkgeneration G5?

Bundesweit diskutieren Experten und Politiker über den Ausbau des neuen Mobilfunkstandards G5. Führende Mobilfunkanbieter wollen die neue Technik schon sehr bald einsetzen. Die hohen Datenübertragungsraten würden zum Beispiel autonomes Fahren ermöglichen.