Das ultraschnelle Mobilfunknetz 5G klingt nach einer Technologie für die ferne Zukunft. Doch Unternehmen wie Daimler, Porsche und Co. sind schon bald abhängig vom Turbonetz – und ländliche Betriebe befürchten, abgehängt zu werden.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Stuttgart - Die Spielregeln stehen fest. Am Montag hat die Bundesnetzagentur die endgültigen Bedingungen für den Ausbau des neuen Mobilfunkstandard 5G bekanntgegeben. Im Frühjahr werden die Frequenzen des LTE-Nachfolgers versteigert.

 

Das ist auch ein wichtiger Meilenstein für Baden-Württemberg. Denn große Unternehmen wie Porsche und Daimler, aber auch kleine Unternehmen sind in Zukunft abhängig vom schnellen Mobilfunknetz. Doch was bedeutet 5G für den Südwesten? Wir haben die wichtigsten Antworten gesammelt.

Warum ist der 5G-Standard so viel besser als LTE?

Über 5G-Netze können deutlich mehr Daten in kurzer Zeit übertragen als über alle anderen Mobilfunkstandards. Bei 5G sind durchaus Geschwindigkeiten von 10.000 Megabit pro Sekunde und mehr möglich. Das ist rund 100 Mal schneller als beim Vorgänger LTE.

Für normale Smartphone-Nutzer spielt das Turbonetz derzeit noch nicht wirklich eine Rolle. Einerseits gibt es bisher kaum Geräte, die 5G können. Außerdem lassen sich Alltagsaufgaben wie Fotos an Freunde schicken, Facebook prüfen und Youtube-Videos streamen auch ruckelfrei mit dem LTE-Netz erledigen. Vor allem die Wirtschaft braucht das Highspeed-Netz.

Wie abhängig sind Porsche, Daimler und Co. von dem Turbonetz?

5G gilt als Voraussetzung dafür, dass künftig autonom fahrende Autos auf öffentlichen Straßen eingesetzt werden können. Das liegt daran, dass die Fahrzeuge ständig mit Servern und anderen Autos kommunizieren müssen – und zwar quasi in Echtzeit. Große Verzögerungen und stockende Daten bei zu geringer Bandbreite können schwerwiegende Konsequenzen haben, im schlimmsten Fall zu Unfällen führen.

„Wir brauchen eine flächendeckende 5G-Versorgung, das ist für uns absolut notwendig“, sagt ein Porsche-Sprecher. Für Technologien wie das autonome Fahren sei es unausweichlich, über das 5G-Netz zu kommunizieren. Auch für den Autobauer Daimler sei es hilfreich, bei der Forschung zu selbstfahrenden Autos auf 5G zuzugreifen, um die Sichtweite des Fahrzeugs zu erweitern. Doch man dürfe sich davon „nicht abhängig machen“, sagt ein Unternehmenssprecher. „Ein Auto muss auch ohne Mobilfunk fahren können.“ Viel wichtiger sei das Turbonetz als wesentlicher Bestandteil der Industrie 4.0.

Wird der ländliche Raum abgehängt?

In großen Städten wie Stuttgart wird 5G wohl schon in knapp zwei Jahren verfügbar sein. Kleinere Unternehmen auf dem Land befürchten jedoch, dass sie außerhalb von Metropolregionen abgehängt werden könnten. Rainer Reichhold, Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags sagt, das die Vorgaben der Bundesnetzagentur viel zu kurz greifen. Gerade der Südwesten „mit seinen wirtschaftlich starken ländlichen Räumen droht abgehängt zu werden“. Jeder zweite Handwerksbetrieb sitze auf dem Land, meist in kleinen Gewerbegebieten. Dort könne noch nicht einmal jetzt von einem schnellem Handynetz die Rede sein.

Auch Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sieht das Risiko, dass Telekommunikationskonzerne nicht genügend Geld für eine flächendeckende Versorgung auf dem Land ausgeben könnten. Die Ministerin schlägt vor, künftig die Kosten für Frequenzen zu senken, damit Telekom und Co. mehr in die Infrastruktur investieren. Der Staat dürfe nicht allein auf Milliarden-Einnahmen durch Frequenz-Versteigerung setzen. „Diese Milliarden sind weit besser in den direkten Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen investiert“, sagt Hoffmeister-Kraut.

Wann wird 5G im Südwesten verfügbar sein?

Die drei großen Mobilfunkkonzerne Telekom, Vodafone und Telefónica gehen davon aus, dass erste 5G-Mobilfunknetze vom Jahr 2020 an kommerziell genutzt werden können. Etwa fünf Jahre später sollen dann fast alle Bürger mit Smartphones im 5G-Netz surfen können. Stuttgart hat gute Chancen, von Anfang an mit dabei zu sein.

Denn laut einem Telefónica-Sprecher spielt insbesondere das „industrielle Umfeld im Zuge der zunehmenden Digitalisierung“ eine gewichtige Rolle. Einige urbane Ballungszentren werden demnach bevorzugt behandelt. Doch es scheint ausgeschlossen, dass bis 2024 – wie von der Bundesnetzagentur gefordert – alle Autobahnen, Landstraßen und Schienennetze mit schnellem Internet versorgt werden. Dafür müssten laut Telefónica „zigtausend neue Mobilfunkstandorte errichtet oder existierende Anlagen aufgerüstet werden“. Allein mit dem zur Auktion stehenden Spektrum sei dies „faktisch nicht erfüllbar“. Das sieht auch die Telekom so. Dort heißt es: „Die Umsetzung dieser Auflagen ist schon aus heutiger Sicht unrealistisch.“