Die Serienproduktion soll Ende des Jahres im Werk Mannheim beginnen. In der Stadt hat auch der Pilotkunde seinen Sitz.

Stuttgart - Der Daimler-Konzern steigt in die Serienfertigung von vollelektrischen Stadtbussen ein. Hartmut Schick, Leiter der Sparte Daimler Buses, kündigte in Stuttgart an, dass bereits in wenigen Monaten der erste Elektrolinienbus bei dem Pionierkunden Verkehrsbetriebe Rhein-Neckar in Mannheim in die Erprobung geht. Ende des Jahres soll dann im Werk Mannheim die Serienfertigung beginnen. Der Standort ist im Produktionsnetzwerk der Bussparte ebenso für Stadtbusse wie für Elektromobilität zuständig. Schick wollte sich bei seiner letzten Pressekonferenz als Chef des Busbereichs – er übernimmt die Leitung der Lastwagensparte in Asien – nicht zu den weiteren Planungen äußern. Der Hochlauf der Produktion ist nach seinen Angaben abhängig vom Ausgang der vielen Ausschreibungen kommunaler Verkehrsbetriebe, die gegenwärtig laufen. Daimler sei bei allen wichtigen Ausschreibungen dabei, sagte er.

 

Der Elektrobus wird noch einige Jahre teurer sein als ein Diesel-Fahrzeug

Entwicklungschef Gustav Tuschen wollte die Frage nach dem Kostenunterschied zwischen einem Diesel- und einem Elektro-Citaro nicht im Detail beantworten. Sowohl in der Anschaffung als auch bei den Betriebskosten sei der Diesel noch im Vorteil, sagte er lediglich, und das bleibe in den nächsten Jahren auch so. Allerdings haben die Entwickler den Ehrgeiz, den Kostenunterschied mittelfristig auszugleichen. Als Vision bezeichnete Tuschen das Ziel, bis 2030 auf niedrigere Betriebskosten als beim Diesel zu kommen. Tuschen hält ein Szenario für realistisch, dass 2030 bereits 75 Prozent der Stadtbusse in Europa mit alternativem Antrieb fahren und Batterien nur alle 400 Kilometer geladen werden müssen.

Der Citaro für die Mannheimer Verkehrsbetriebe, der aus einer Baureihe mit insgesamt 34 Varianten stammt, muss alle 150 Kilometer an die Steckdose. Damit werden nach Schätzung des Entwicklungschefs 30 Prozent der Einsätze ohne Zwischenladung abgedeckt. Der Konzern stellt die Reichweite von 150 Kilometern in den Vordergrund, obwohl der Bus unter idealen Bedingungen mit einem Ladevorgang fast 250 Kilometer weit käme.

Schnellentschlossene sollen einen Anreiz erhalten

Da im Stadtverkehr aber selten ideale Bedingungen herrschen und die Temperaturen, statt konstant bei 20 Grad zu bleiben, zwischen minus zehn Grad und plus 30 Grad schwanken können, betrachtet der Konzern die Idealwerte als nicht aussagekräftig. Daimler will die realistische Reichweite der Batterien in den nächsten Jahren um 100 auf dann 250 Kilometer erhöhen; dann ließen sich 70 Prozent aller Fahrten ohne Ladestopp absolvieren. Wer jetzt schon einen E-Bus kauft und nicht auf die besseren Batterien der nächsten Generation wartet, soll einen Anreiz durch die Zusage des Austauschs der Batterie erhalten.

Die Batterien selbst stammen nicht aus der konzerneigenen Fertigung für Personenwagen in Kamenz (Sachsen), da die Busbatterien stärker belastet werden – viele Stopps, viele Entlade- und Ladezyklen. Daimler arbeitet deshalb mit dem Batteriespezialisten Akasol in Darmstadt zusammen, der in Absprache mit den Stuttgartern Batterien mit Zellen von Samsung aus Südkorea fertigt. Die Batteriekapazität beim aktuellen vollelektrischen Citaro liegt bei nominell 243 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Das entspricht der Ladekapazität von 14 Autos der Kategorie Smart Fortwo electric drive. Als nächsten Schritt in der Entwicklung nannte Tuschen deutlich mehr als 300 Kilowattstunden.

Emissionen an der Nachweisgrenze

Daimler setzt gleichwohl nicht einseitig auf den Elektroantrieb. Auch die Brennstoffzelle gilt weiter als potenzieller Konkurrent – ebenso wie der Diesel. Tuschen wies darauf hin, dass der Citaro 2012 der erste Stadtbus der Welt war, der die Abgasnorm Euro VI einhält. Innerhalb von fünf Jahren wurden gegenüber einem Euro-V-Motor die CO2-Emissionen um 20 Prozent, die Stickoxid-Emissionen um bis zu 98 Prozent gesenkt. „Die Partikelemissionen sind sogar an der Nachweisgrenze angelangt“, sagte der Entwicklungschef. Und: Dabei gehe es nicht um Prüfstandsmessungen, sondern um Messungen im Straßenverkehr. Mit dem Citaro NGT bietet Daimler auch einen Stadtbus mit Gasmotor an. Im vergangenen Jahr wurde zudem ein neuer Hybridbus vorgestellt.

Daimler Buses will nach den Angaben von Hartmut Schick bis 2020 etwa 200 Millionen Euro in die Zukunftsthemen Vernetzung, automatisiertes Fahren und elektrische Antriebe investieren.