Ein Verkehrskonzept für die ferne Zukunft mag schön klingen, löse aber kein Problem von heute, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Als Beruhigungspillen für Verwaltung und Politik haben sich Arbeitskreise hervorragend bewährt. Fakultativ entfalten auch Konzepte und Masterpläne betäubende Wirkung; vor allem, wenn sie sehr weit in die Zukunft reichen wie das von der CDU-Fraktion angestoßene Projekt zur Mobilität im Jahr 2030, das jetzt auf 2040 gedehnt wurde. In Erwartung einer wütenden Debatte über die Vorzüge sauberer Luft gegenüber freier Fahrt für freie Dieselfahrer im heutigen Technikausschuss und einer klein karierten Stellplatzschlüsseldebatte im Gemeinderat am Donnerstag wäre es sicher zielführender, die Kommunalpolitik würde sich schnell einig, dass die Menschen des übermächtigen Autoverkehrs überdrüssig geworden seien und sich nach ruhigen Straßen und Plätzen sehnten. Diese Ansicht vertritt jedenfalls Jan Gehl, der nicht nur Kopenhagen zu einer der beliebtesten Städte der Welt umgemodelt hat. Man kann sich vorstellen, wie sein Vorschlag für ein lebenswertes Stuttgart ausfallen würde, fände er Gefallen an einer Teilnahme am Ideenwettbewerb. Er steht für eine autofreie City, Straßensperrungen für den Individualverkehr sowie ein seinen Namen verdienendes Radwegenetz und Elektrobusse in alle Richtungen. Man kann sich auch die Reaktion der fraktionsübergreifenden Autolobby ausmalen: ohne Nordostring und Filderauffahrttunnel fiele Gehl sicher glatt durch.

 

Merkwürdiges Verfahren

Schon das Verfahren mutet seltsam an: Drei Persönlichkeiten, vielleicht auch vier, man weiß es ja ein Jahr nach dem Beschluss immer noch nicht, flankiert von städtischer Assistenz, gut versorgt mit gefülltem Spesenkonto und Reisebudget, bereiten den Ideenwettbewerb vor. Man fragt sich unweigerlich, warum man nicht einfach das zuständige Referat beauftragt, einige namhafte Büros mit unterschiedlichen Ansätzen ausfindig zu machen und diese einzuladen. Man kommt sich fast vor wie im Verteidigungsministerium, wo externe Berater mehr zählen als die Beamten.