„Die Älteren sind gefährdet, die Jugend soll sich mehr bewegen“: So etwa lauten die Argumente gegen die E-Scooter in Renningen. Dennoch gibt der Renninger Gemeinderat jetzt grünes Licht für eine Vertragsverlängerung mit der Verleihfirma Zeus.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mit 18 208 Ausleihen und insgesamt 24 650 gefahrenen Kilometern im Jahr 2024 stellen E-Scooter für viele Menschen in Renningen ein wichtiges Transportmittel dar. Vor zweieinhalb Jahren hatte die Stadt das Leihsystem gestartet. Bis zu 75 E-Scooter kommen seitdem in der Rankbachstadt zum Einsatz. Vor allem an den Bahnhöfen werden viele Fahrten begonnen oder beendet. Außerdem wird das Angebot häufig beim Einkaufszentrum Süd und in der Voithstraße genutzt, in der viele Geflüchtete wohnen. Auch Mitarbeiter der Firma Bosch nutzen die E-Roller, um von den Bahnhöfen zum Arbeitsplatz und zurück zu gelangen.
Seniorenrat spricht sich gegen Scooter aus
Doch die E-Scooter stellen für manche auch ein Ärgernis dar. Der Stadtseniorenrat Renningen hat sich in einem Schreiben an Bürgermeisterin Melanie Hettmer gegen eine Verlängerung des bis Oktober laufenden Vertrags mit der Betreiberfirma Zeus ausgesprochen. Die Gefährdung für Fußgänger wird als Hauptargument gegen die Scooter genannt. Zudem bezweifelt der Seniorenrat, dass die E-Roller den ökologischen Fußabdruck reduzieren. Einige Mitglieder des Gemeinderats teilen die Bedenken des Seniorengremiums. Für Resi Berger-Bäuerle (Frauen für Renningen) bringen die E-Scooter nichts für die Klimabilanz und sorgen an unübersichtlichen Stellen für Gefahren – auch für Jugendliche. Daher spricht sie sich gegen die Verlängerung des Vertrags aus. Auch Jürgen Lauffer (Freie Wähler) weiß zu berichten, dass in der Bevölkerung „sich viele Leute von den Scootern belästigt fühlen“, die obendrein keine gute CO2-Bilanz in der Herstellung aufweisen.
„Ob durch die Nutzung der E-Scooter wirklich das Auto stehengelassen wird, können wir anhand der Nutzungsdaten nicht nachweisen“, erklärt Marcello Lallo, Leiter des Fachbereichs Bürger und Recht. „Aber wir wollten eine Anschlussmobilität und ein zusätzliches Angebot schaffen. Das ist uns gelungen.“ In Renningen ist zudem kein einziger Unfall mit E-Scootern bekannt.
Jugendgemeinderat befürwortet E-Roller
Für E-Roller sprechen sich Mirjam Weber und Lars Walther vom Jugendgemeinderat aus. Das Gremium der Jugendlichen hat eine Umfrage durchgeführt und hält auch anhand der Ergebnisse die Scooter für einen wichtigen Mobilitätsbaustein für Leute ohne Auto, bei Busausfällen oder kurzen Wegstrecken.
Das Problem mit falsch abgestellten E-Scootern habe sich deutlich verbessert, berichtet Marcello Lallo. Da man sich in Renningen für das„Free Floating-System“ entschieden hat, müssen die Scooter nicht an vorgegebenen Ablageflächen geparkt, sondern in gekennzeichneten Stadtgebieten abgestellt werden. Hier habe man nachjustiert und die Abstellzonen verkleinert. Ärgerlich stimmt die Stadtverordneten, dass krankheitsbedingt ausführlichere Gespräche mit der Betreiberfirma nicht stattgefunden haben.
Bewegungsfaule Jugend?
Als Andreas Kindler (CDU) ausführt, dass „die Jugend unter Bewegungsmangel leidet“ und deutschlandweit die Zahl der Unfälle mit E-Scootern zugenommen habe, schaltet sich Guilherme Oliveira (Bündnis 90/Die Grünen) ein. „Die Frage ist, ob wir ein bestehendes Angebot abschaffen, das gut genutzt wird, die Stadt nichts kostet und sogar 1500 Euro im Jahr einbringt“, lenkt das jüngste Mitglied des Rats den Fokus wieder auf die Situation in der Stadt. Es gebe Probleme, aber es sei eindeutig eine Besserung in Sicht. Auch Thomas Vattheuer (CDU) erinnert daran, dass es die Stadt einst viel Geld gekostet habe, kaum genutzte Leih-E-Bikes der Deutschen Bahn anzubieten.
Einig ist sich das Gremium darin, dass die Entscheidung über weitere Verlängerungen nicht der Verwaltung übertragen, sondern weiter im Gremium des Gemeinderats beschlossen werden soll. Zur Freude der Befürworter der E-Scooter stimmt der Renninger Gemeinderat mit sieben Gegenstimmen und einer Enthaltung mehrheitlich für die Verlängerung des Vertrags. Damit bleiben die E-Scooter der Firma Zeus bis mindestens Oktober 2026 der Rankbachstadt erhalten.