Die Stadt erweitert die Gondel-Untersuchung für Stuttgart auf Wunsch des Landes um eine weitere Variante. Die würde vom Mercedes-Museum via Mineralbäder und Schlossgarten in die City führen. Was die Studie kostet, ist noch unklar.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Vision von urbanen Luftseilbahnen als Beitrag zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) in Stuttgart kommt in Trippelschritten voran. Nächster Halt: Der Technikausschuss des Gemeinderats wird in drei Wochen beschließen, ein Verfahren in Gang zu setzen, an dessen Ende eine vertiefte Untersuchung mehrerer möglicher Seilbahnstrecken in der Stadt und auf den Fildern entsteht.

 

Der Gutachter soll dabei vier Trassen untersuchen. Denn auf Wunsch des Landes, so ein Rathaussprecher, wird neben den bisher drei diskutierten Verbindungen noch eine weitere Trasse geprüft. Sie soll vom Daimlerwerkstor 1 an der Mercedesstraße über den Wasen zu den Mineralbädern führen und von dort weiter durch den Schlossgarten in die City. Diese schaffe ein ÖPNV-Angebot als Verbindung von Gewerbe- und Veranstaltungsflächen mit der zentralen Innenstadt, heißt es aus dem Rathaus. Eine Verlängerung der Stadtbahngleise bis ans Daimlertor und an die Pforten des Mercedes-Benz-Museums ist ebenfalls seit Längerem in der Diskussion. Zudem bieten die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) von Mitte Oktober an eine Expressbuslinie zwischen Bad Cannstatt und der City an.

Stadt wollte weniger Trassen untersuchen

Eigentlich wollte die Stadt die Studie auf weniger Trassen beschränken. Das mussten unter anderem engagierte Bürger um den ehemaligen Grünen-Bezirksbeirat Willi Schraffenberger aus Uhlbach erfahren, die sich Gedanken über eine mögliche Seilbahnverbindung vom Obertürkheimer S-Bahnhof in die Esslinger Höhenstadtteile Rüdern und Sulzgries gemacht hatten. Hintergrund: Wegen Straßenarbeiten muss der Verkehr von dort demnächst über eine eigentlich gesperrte Verbindungsstraße nach Uhlbach gelenkt werden.

Aber nicht allein die Angst vor dem vorübergehenden Durchgangsverkehr ließ die Idee einer die Stadtgrenzen überschreitenden Seilbahn entstehen. „Die Landschaft hier bei uns im Neckartal eignet sich in geradezu idealer Weise für den Betrieb einer Seilbahn als wichtige Ergänzung im ÖPNV“, schrieb Schraffenberger an Baubürgermeister Peter Pätzold und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne). Pätzold aber wies den Vorschlag zurück: „Die Machbarkeitsstudie der Stadt Stuttgart hat drei Routen zur vertieften Untersuchung vorgesehen. Wir werden keine weitere dazunehmen, da sonst der Umfang zu groß wird.“

Die vom Land forcierte Idee einer Gondel-Zubringerlinie aus dem Osten der Stadt in die City ergänzt nun aber doch die drei schon länger diskutierten Seilbahntrassen, die jede für sich eine andere Zielsetzung verfolgen. Als Anbindung mehrerer Gewerbegebiete an ÖPNV-Knoten wird die Verbindung vom Vaihinger Bahnhof an den Flughafen via Stuttgarts größtem Gewerbegebiet, den Synergiepark Vaihingen-Möhringen, gesehen. Diese Linie könnte in einem zweiten Schritt in Richtung Eiermann-Campus auf dem ehemaligen IBM-Gelände an der Autobahn verlängert werden. Dort plant ein Investor neben Gewerbeflächen Wohnungen für 4000 Menschen.

Mit der Gondel an den Campus Hohenheim?

Der zweite Vorschlag einer Seilbahn vom Stadtbahnhalt Peregrinastraße zwischen Degerloch und Sonnenberg via Hoffeld, Asemwald und Birkach zur Uni Hohenheim und von dort weiter nach Plieningen soll eine Alternative zu einer Stadtbahnverbindung sein, die zwar immer wieder diskutiert wird, deren Realisierung aber wegen ihrer Komplexität eher sehr weit in der Zukunft liegen dürfte.

Verdichtete Räume untereinander verknüpfen wäre die Hauptaufgabe der ebenfalls zu untersuchenden Seilbahntrasse vom ÖPNV-Knoten Pragsattel über die bei Stuttgart 21 entstehende S-Bahn-Haltestelle Mittnachtstraße, die von sämtlichen Linien des Stuttgarter S-Bahn-Netzes angefahren wird. Von dort würden die Gondeln quer über dem Unteren Schlossgarten zur Haltestelle Mineralbäder schweben, um schließlich am Ostenendplatz zu enden. Eine solche Linie würde den Stuttgarter Osten mit dem Norden verknüpfen. In der von Peter Pätzold unterschriebenen Vorlage, die die Stadträte am 10. Juli beschließen sollen, wird an die schwierige Genese des Vorhabens erinnert. Zwar habe der Gemeinderat schon im Juni 2017 eine Seilbahnuntersuchung im Grundsatz beschlossen. Doch die sei zurückgestellt worden, „nachdem das Land Baden-Württemberg im Herbst eine Studie, ,Urbane Seilbahnen in Baden-Württemberg, Arbeitsbericht Nr. 2’, erarbeiten ließ. Diese und der daraus abgeleitete ,Handlungsleitfaden Urbane Luftseilbahnen’ wurden im Mai 2018 der Landeshauptstadt Stuttgart zur Verfügung gestellt.“

Die Stadt ist gewillt, für die eigene Untersuchung 200 000 Euro auszugeben. Ob das Budget reicht, könne „nicht abgeschätzt werden“. Es gebe keine Erfahrungswerte. Erst die Ausschreibungsergebnisse würden zeigen, welche Kosten anfallen.