Zwischen Möhringen und Vaihingen installiert die Stadt zahlreiche neue Verkehrskameras. Von Mai an solle die neuen elektronischen Augen der städtischen Verkehrleitzentrale ein aktuelles Bild über die Verkehrlage im Süden vermitteln.

Stuttgart - Langsam schwebt der orangefarbene Ausleger mit der Hebebühne neben dem Ampelmast nach oben. Eine halbe Stunde später ist die neue Verkehrskamera an der Ecke Vaihinger Straße/Albstadtweg montiert. „Jetzt müssen wir das Gerät noch an das städtische Datennetz anschließen“, sagt der Monteur Joachim Paproth. Doch die Bildübertragung streikt zunächst. Aber nach dem Austausch eines defekten Steckers kann der Fachmann schließlich aufatmen. Alles funktioniert, das Display des angeschlossenen Rechners zeigt ein klares Bild des Verkehrsablaufs auf der Vaihinger Straße.

 

Integrierte Verkehrsleitzentrale

„Die Daten der Kamera fließen über Glasfaserkabel und Netzknoten direkt in die Integrierte Verkehrleitzentrale (IVLZ) an der Mercedesstraße in Bad Cannstatt“, erklärt Paproth. Noch muss sein Team allerdings weitere Kameras zwischen Möhringen und Vaihingen sowie an der Nord-Süd-Straße (siehe Grafik) montieren, damit die bisher im Süden „blinden“ IVLZ-Verkehrslenker auch dort durchblicken. „Im Mai kann die IVLZ auf alle Kameras zugreifen“, sagt Wolfgang Hertkorn, Leiter der Abteilung Verkehrstechnik im Tiefbauamt. Dann vermitteln 19 Kameras an 16 Standorten ein klares Bild über die Verkehrslage im Süden der Landeshauptstadt.

Die elektronischen Augen sind um 360 Grad schwenkbar, um einen umfassenden Überblick zu gewährleisten. „Gebäude und Fensterfassaden werden automatisch ausgeblendet“, betont Hertkorn. Die Kameras erfassten auch keine Kennzeichen, sondern würden ausschließlich benutzt, um den Mitarbeitern der IVLZ einen Überblick über die aktuelle Verkehrslage zu geben.

Der Lotse ist im Süden nicht mehr blind

Dank der rund 35 in die Fahrbahnen eingelassenen Induktionsschleifen kennt die Verkehrszentrale künftig auch die Verkehrsdichte und die Geschwindigkeiten in einzelnen Abschnitten der großen Ein-und Ausfallstraßen im Süden. „Die Schleifen melden die Verkehrsdichte und die Kameras ermöglichen einen Blick auf die Verkehrsabläufe zwischen Möhringen, Degerloch und den Autobahn A 8 und A 831“, so Hertkorn. Seit Jahren werde immer wieder kritisiert, dass die IVLZ auf den Fildern keinen Einfluss habe. Wenn der Verkehr auf der A 8 zum Erliegen komme, tauchten die über die B 27 rollenden Blechlawinen erst auf den Monitoren der Leitstelle auf, wenn der Stadtkessel bereits blockiert sei.

Dank der vom Gemeinderat im Doppelhaushalt 2014/2015 bewilligten Investition von knapp 900 000 Euro rechnet IVLZ-Chef Ralf Thomas demnächst mit viel besseren Handlungsmöglichkeiten. „Für uns ist es ein Riesenvorteil, die schwierige Verkehrsituation auf den Fildern künftig auf unseren Monitoren genau beobachten zu können“, sagt er.

Künftig ist eine bessere Verkehrsteuerung möglich

Dann ist für den IVLZ-Leiter „die Zeit der Blindflüge auf den Fildern endlich vorbei“. Die neu gewonnenen Erkenntnisse über die Verkehrsabläufe ermöglichten es, gezielt in Ampelsteuerungen einzugreifen. „Und dank der Kameras können wir dann beobachten, wie sich eine Maßnahme, etwa längere Grünphasen im Berufsverkehr an der Nord-Süd-Straße, auf den Verkehrsablauf auswirkt“, sagt Thomas. Das neue Instrumentarium ermögliche es auch, für verschiedene Tageszeiten angepasste und möglichst umweltgerechte Steuerungsszenarien zu entwickeln, um diese bei Bedarf rasch schalten zu können.

Kameras sind wasserdicht und beheizbar

Um die neue Technik für die IVLZ aufzubauen, haben Mitarbeiter des Tiefbauamts zwei Jahre lang geplant und organisiert. „Die Kameras kann man nicht einfach in einem Elektronikmarkt kaufen und am nächsten Tag in Betrieb nehmen“, sagt der Elektroingenieur Michael Müller. „Die Geräte, die wir jetzt montieren, sind tag- und nachttauglich, für den Dauerbetrieb ausgelegt und es können unterschiedliche Objektive verwendet werden. Außerdem sind die Kameras wasserdicht und beheizbar.“ Letztere Eigenschaft sei ganz besonders wichtig, damit das schützende Glasgehäuse nicht beschlage und die IVLZ-Mannschaft keine verwaschenen und unbrauchbaren Bilder zu sehen bekomme.

„Vor der Ausschreibung der Technik mussten zunächst einmal die richtigen Stellen für die Kameras gefunden werden“, erläutert Müller. „Am Standort Albstadtweg war die Montage problemlos, weil die Kamera an einen vorhandenen Ampelmast montiert werden konnte.“ Es gebe aber auch Stellen, an denen zunächst 25 Meter hohe Masten errichtet werden müssten, um das Verkehrsgeschehen von oben überblicken zu können. Um alle elektronischen Augen mit dem städtischen Glasfasernetz verbinden zu können, habe man zudem zwei Kilometer Kabel neu verlegen und mit den unterschiedlichsten elektronischen Schnittstellen verbinden müssen.

„Die Ausschreibungen für die Kameras mit den von uns verlangten Qualitätskriterien waren schwierig, weil es nicht viele qualifizierte Anbieter gibt“, ergänzt Hertkorn. Für die Kameras habe die Stadt deshalb zwei Ausschreibungsrunden gebraucht, weil sich zunächst kein einziges Unternehmen gemeldet habe.