Im März waren CDU, Grüne und SPD mit Vorschlägen zum Aus- und Umbau des ÖPNV sowie Untersuchungen für den Bau diverser Tunnelprojekte vorgeprescht. Trotz teilweise heftiger Kritik im Detail können sich auch die anderen Ratsfraktionen mit einzelnen Punkten des Mobilitätspaktes anfreunden.
Stuttgart - Am Dienstag im Umweltausschuss waren sie noch Kontrahenten, als es um das Thema Fahrverbote für Dieselautos ging. Tags darauf am Mittwoch im Verwaltungsausschuss dann präsentierten sich CDU und SPD auf der einen und die Grünen-Fraktion auf der anderen Seite dann aber wieder als Bündnispartner beim Thema Mobilität und Luftreinhaltung.
Im März waren die drei Fraktionen vorgeprescht und hatten weit im Vorgriff auf die Haushaltsberatungen 2018/2019 ein Maßnahmenpaket im Volumen von rund 28 Millionen Euro präsentiert, das einerseits die Luftqualität im Talkessel verbessern und andererseits die Mobilität der Verkehrsteilnehmer gewährleisten soll. Trotz Kritik im Detail an den Vorschlägen stimmten auch SÖS-Linke-plus, AfD, Freie Wähler und die FDP einzelnen Punkten der Vereinbarung zu. SÖS-Fraktionschef Hannes Rockenbauch ließ allerdings kein gutes Haar an der Idee für den Bau eines Ostheimer Tunnels.
Der Beschluss, der an diesem Donnerstag noch von der Vollversammlung des Gemeinderats bestätigt werden muss, sieht 13 Einzelmaßnahmen vor, für vier davon wird Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) kurzfristig 810 000 Euro aus der städtischen Deckungsreserve bereitstellen, die im Haushalt für Unvorhergesehenes bereit steht: 200 000 Euro für die Machbarkeitsstudie über eine Seilbahn zwischen Möhringen und Vaihingen sowie 300 000 Euro für eine Untersuchung des von der CDU auf die Tagesordnung gesetzten Baus eines Ostheimer Autotunnels und des von den Grünen gewünschten sogenannten Zero-Emission-Tunnels parallel zum Wagenburgtunnel für E-Mobile, Radfahrer und Fußgänger. Hinzu kommen 260 000 Euro für einen städtebaulichen Wettbewerb für einen neuen Cityring sowie 50 000 Euro für eine Imagekampagne zum Radverkehr.
Finanzbürgermeister Föll siegt genügend Reserven, um Projekte zu finanzieren
Den weitaus größeren Batzen, darunter die Einrichtung einer Pilotbuslinie zwischen Bad Cannstatt und der Innenstadt (7,5 Millionen ), die Takt- und Angebotsverbesserung beim Busverkehr (zwei Millionen), ein Förderprogramm zur Erneuerung von Heizungsanlagen (vier Millionen) sowie zehn Millionen Euro für die SPD-Forderung nach einem Abriss der Straßenrampe zur B 10/B 27, will Föll durch eine Rücklage aus dem Jahresabschluss 2016 finanzieren. Der Kämmerer deutete im Vorgriff auf den Abschluss, der in zwei Wochen vorgestellt wird, bereits an, dass dies ohne weiteres möglich sei.
Das größte Projekt, die Tarifreform bei den SSB mit der Umstellung von zwei auf nur noch eine Zone, wird ebenfalls vorbereitet. Von Oktober 2017 bis April 2018 soll es in einem ersten Schritt während der Feinstaubsaison ein auf 4,50 Euro reduziertes Tagesticket für beliebig häufige Fahrten geben. Die Zonenumstellung soll dann zum 1. Januar 2019 erfolgen – entweder nur für die SSB (Mehrkosten: 13 Millionen Euro) oder gar im ganzen Verkehrsverbund Stuttgart. Dafür seien noch Gespräche mit der Region nötig, hieß es.
SÖS-Linke-plus wiederholt Forderung nach kostenlosem ÖPNV-Ticket für alle
CDU, Grüne und SPD werteten den Beschluss als großen Erfolg. „Es zeugt vom Selbstbewusstsein des Gemeinderats, zwischen den Doppelhaushalten ein solch großes Finanzvolumen auf den Weg zu bringen“, so CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Sein Kollege Andreas Winter (Grüne) bedauerte, dass CDU und SPD beim Thema Fahrverbote nicht mitgezogen hätten, riet aber dazu, den Blick nun auf die gemeinsamen Anstrengungen zu lenken. Martin Körner (SPD) hob vor allem die Verbesserungen beim Busverkehr und die Planungen für den Abriss der Friedrichswahl-Rampe als Erfolge seiner Fraktion hervor.
Hannes Rockenbauch, Chef der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-plus, kritisierte dagegen die Machbarkeitsstudie für den Ostheimer Tunnel: „Wer Straßen baut, wird mehr Verkehr ernten.“ Er wiederholte zudem die Forderung nach einem kostenlosen ÖPNV für alle, der über eine Nahverkehrsabgabe finanziert werden solle. Für Rockenbauch steht fest: „Der Ticketpreis ist entscheidend bei der Frage, ob die Leute vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen.“