Die Marke sollte einmal eine ganze Modellfamilie ernähren. Übrig geblieben ist davon nur der kleine Zweisitzer.

Stuttgart - Was müssen sich Smart-Fahrer nicht alles bieten lassen. "In Passau meldete ein junger Mann der Polizei seinen Smart als gestohlen. Das Missverständnis konnte schnell aufgeklärt werden: der Mann hatte seinen Smart übersehen. Ein Fiat Panda hatte über ihm geparkt." Das ist nur einer von zahlreichen Witzen, die bis heute über das Miniauto kursieren. Zu ungewöhnlich schien Ende der neunziger Jahre noch der knubbelige Zweisitzer, mit dem so mancher Großstädter elegant quer zu den restlichen Autos in die winzigste Parklücke stößt. Mit seinen 2,50 Meter Länge, einer Karosserie, die bis auf den Tridion genannten Rahmen aus Plastik bestand und besteht, einer sehr harten Federung und einem niedlichen Dreizylindermotorchen bietet das Auto die Vorlage zu einer Fülle von Scherzen.

Dabei sollte der Smart ursprünglich alles andere als erheitern - denn gedacht war der wendige Flitzer von seinem Erfinder Nicolas Hayek (der Erfinder der Swatch-Uhren) eigentlich als Basis eines völlig neuen Mobilitätskonzepts: Demnach sollte das Autole nur für den Individualverkehr auf kurzen Strecken dienen, lange Wege sollte der Besitzer mit der Bahn zurücklegen. Übrig war von diesem Konzept aber schon beim Start nicht mehr viel, auch wenn die Smart-Zentrale in Renningen (Kreis Böblingen) in ihren Biohäusern eher an eine Denkfabrik als an eine Autoentwicklung erinnerte. Stattdessen machte das Projekt zunächst mit dem Platzen der Kooperation mit VW und später seinem Scheitern beim Elchtest von sich reden. Mit einem halben Jahr Verspätung und 300 Millionen Mark Mehrkosten kam das im lothringischen Hambach gebaute Auto im Oktober 1998 auf den Markt. Statt mit VW kooperierte Hayek mit Daimler-Benz. Statt des von Hayek geplanten Swatch-Mobil erhielt der Flitzer den vom Markenguru Manfred Gotta erdachten Namen Smart. Entsprechend leicht fiel dem Uhrenunternehmer der Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen Micro Compact Car AG schon Ende 1998.

Sanierung für 1,2 Milliarden Euro


Dass Daimler-Benz im Smart weniger ein Mobilitätskonzept als vielmehr eine ganz normale Automarke sah, zeigte sich wenig später an zwei Dingen: der Verlagerung der Smart-Zentrale nach Böblingen und der Ankündigung weiterer Smart-Modelle. Zum heute Fortwo genannten Zweisitzer City-Coupé kam schon im Jahr 2000 ein Cabrio, drei Jahre später der flache, comicartig designte Roadster und 2004 schließlich in Kooperation mit dem japanischen Partner Mitsubishi der Viersitzer Forfour. Nur ein Kuriosum blieb der von der Ehninger Bertrandt AG entwickelte Smart Crossblade: Statt einer Tür besaß das auf 2000 Exemplare limitierte offene Sommerspaßmobil nur einen Sicherheitsbügel, konnte dank entsprechender Wasserabflüsse aber schadenfrei durch eine Waschanlage gesteuert werden.

Während das Cabrio bis heute im Angebot von Smart ist, scheiterten der Roadster und die hauptsächlich für den US-Markt projektierte Geländewagenvariante des Forfour "Formore" an dem dramatischen Sparplan von 2005. Jede dritte Stelle bei Smart fiel dem Rotstift des damaligen Mercedes-Chefs Eckhard Cordes zum Opfer, rund 1,2 Milliarden Euro ließ sich der Konzern die Sanierung der Marke kosten. Zuvor hatten viele mit der gänzlichen Einstellung des Stuttgarter Kleinwagenexperiments gerechnet - ein Gerücht, das sich hartnäckig hielt und neue Nahrung durch die Einstellung des im niederländischen Born bei der Mitsubishi-Tochter Nedcar gebauten Viersitzers erhielt. Der Plan, die Emotionalität des zweisitzigen Flitzers auf einen Viersitzer zu übertragen, war grandios gescheitert, die Konkurrenz in der Klasse, in der der Forfour fuhr, einfach zu groß.

Konkurrenz ist mittlerweile auch dem kleinen Smart erwachsen, dessen zweite Generation seit 2007 auf der Straße fährt. Mit 2,70 Länge ist er zwanzig Zentimeter länger als der Ursmart, was der Anpassung an den US-Markt zuschulden war - die dortigen Sicherheitsnormen machten einen verbesserten Fußgängerschutz nötig. Ähnlich kleine Maße weisen auch die 2005 erschienen, fast baugleichen Modelle Toyota Aygo, Citroën C1 und Peugeot 107 und der Toyota IQ auf, der seit vergangenem Jahr auf dem Markt ist. Eine Elektroversion des Smart soll erst 2012 erhältlich sein - in Berlin sind im Flottenversuch mit dem Energieversorger RWE bereits 100 Smart ED (electric drive) unterwegs.

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