Auch die Mode macht vor Hightech nicht Halt: Der Klamottencomputer ist auf dem Weg. Kleiderschränke und Koffer erübrigen sich dann.

Stuttgart  - Die Möglichkeiten der Selbstveränderung und -verwandlung nehmen in demselben Maß zu, in dem wir heute mit Informationen überschwemmt werden - und sie werden ähnliche Probleme nach sich ziehen. Die Frage wird nicht mehr einfach sein: Was ziehe ich heute an, sondern: Wie sehe ich in einer Minute aus? Und wie in der nächsten? Wer mit seinem Aussehen nicht zufrieden ist oder mehr Abwechslung sucht, wird sich bald auch ungewohnter Möglichkeiten bedienen können - intelligenter Gele etwa, die ähnlich wie ein "chemischer Muskel" arbeiten. Sich vorzustellen, wie reizvoll sich ein quasi-lebendiges Haargel auswirken könnte, fällt nicht schwer. Weshalb sollen Frisuren immer nur stillliegen und nicht auch mal Eigendynamik entwickeln, beispielsweise anderen Leuten zuwinken können, oder einem aufmunternd die Wange tätscheln?

 

Außer Sommersprossen verfügt der Mensch über keine natürliche Oberflächenmusterung. Diese Marktlücke lässt sich, neben herkömmlichen Haut-Tatoos, auch mit Haar-Tatoos schließen. Regenbogenpigmente ermöglichen es, Farbwechsel hervorzurufen, je nachdem wo der Betrachter oder das Licht, das ihn gerade bescheint, steht. Mit Fluoreszenzfarben lässt sich regelrechtes Eigenleuchten hervorzaubern. Und sogenannte Reaktivfarben können sogar, wie bei einem Chamäleon, die Farbe je nach Kleidung, Stimmung, Umgebung oder Aktivität wechseln lassen.

Kommunikationstechnik kann man auch anziehen

Mode spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Technik zugänglicher und attraktiver zu machen. Dass man Computer und Kommunikationstechnik auch anziehen kann, erstaunt niemanden mehr. Längst wird auch der Körper als Bildschirm erprobt, ob mit Displays in der Jacke oder durch wie Farbe aufmalbare Flüssigkristalle. Vielleicht wird in absehbarer Zeit nur noch eine einzige Standardqualität von intelligentem Textil überleben, das in der Lage ist, seine Struktur in jede beliebige Stoffqualität "umzuschalten". Die Zeit von Kleiderschränken und Koffern ist dann endgültig vorbei. Schnitte, Farben, Texturen lädt man fortan einfach aus einer Designdatenbank oder "Google Gewand" aus dem Netz in sein schlaues Textil.

Das Problem der ständig und beschleunigt wechselnden Moden erübrigt sich in dem Augenblick, in dem man sich mit Lichtgeschwindigkeit umziehen kann. Mitchell Page von der Universität Sydney etwa hat verschiedene Versionen eines Pullis präsentiert, in den Leuchtdioden-Panels integriert sind. Bei Basketballspielen zeigen die Kleidungsstücke bestimmte Spielinformationen in Echtzeit an, etwa Punktestand, Fouls oder die restliche Spielzeit. Page berichtet, die Athleten hätten verhindert, dass an der Datenkleidung Messwerte wie Puls oder der Erschöpfungsgrad abgelesen werden können, um dem Gegner keinen Vorteil zu verschaffen.

E-Mail an den Autor: p.glaser@stz.zgs.de