Was wäre, wenn die Anfertigung eines Oberteils ein Wunschkonzert wäre? In Esslingen produziert das Unternehmen „Wasni“ individuelle Pullover oder Shirts. Bis zu eine Million Kombinationen sind möglich. Und auch die Mitarbeiter dürfen sehr individuell sein.

Esslingen - Im ehemaligen Kunsthaus Huggele in der Esslinger Küferstraße rattern die Nähmaschinen – seit fast genau einem Jahr gibt es in dem traditionsreichen Gemäuer Mode zu kaufen, die in Esslingen produziert und designt wird. An der Nähmaschine: Nadine Feist, gelernte Maßschneiderin und Mode-Designerin. Sie ist kleinwüchsig und hat in dem Unternehmen Wasni ihre erste Anstellung direkt nach der Ausbildung gefunden.

 

Anders sein ist normal

Bei Wasni haben bis zu 40 Prozent der Mitarbeiter eine Behinderung. Damit gilt die Firma als Integrationsunternehmen, das heißt, die Angestellten sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Und so spiegelt der Name des Ladens „Wasni“ das gesamte Konzept von Geschäftsführer Daniel Kowalewski wider: „Wenn anders sein normal ist“ steckt hinter dem Labelnamen. Und nicht nur die Kunden und ihre Wünsche, sondern auch die Mitarbeiter dürfen in ihren Begabungen individuell sein.

Die Konzeptidee: Jeder kann sich seine eigenen Oberteile je nach Belieben zusammenstellen. Ob Reißverschlussfarbe, bunte Bündchen am Pulli, flauschiges Innenfutter oder angepasste Größen: Aus über einer Million Möglichkeiten können sich die Kunden ihr Lieblingsstück aussuchen. Am Eingang des Ladens liegen Muster aus, die die Auswahloptionen aufzeigen. Und auch online lassen sich die Oberteile zusammenstellen. „Wir haben aber die Kunden gerne vor Ort, damit wir Details besprechen können“, sagt Geschäftsführer Daniel Kowalewski. Die drei Mitarbeiter nähen die Kleidungsstücke und helfen bei jedem Produktionsschritt je nach ihren Fähigkeiten mit.

Einfach etwas Anderes machen

Kowalewski hatte vor seiner Selbstständigkeit so gar nichts mit Mode am Hut. „Ich habe etwa 13 Jahre lang in der Industrie gearbeitet und wollte einfach ein Jahr lang etwas Anderes machen“, erzählt Kowalewski. Mit 38 Jahren wurde er zum „Bufdi“ und machte ein Jahr lang den Bundesfreiwilligendienst im sozialen Bereich. Nach dieser Zeit fragte er sich, wie er als Unternehmer weiterhin beruflich mit Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung arbeiten könnte.

In klassischen Firmen sei eine sozialversicherungspflichtige Arbeit allerdings manchmal nicht so einfach – und eine Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung unterfordere manch einen wiederum. „Ich will zeigen, dass ein Unternehmen mit Mitarbeitern mit geistiger und körperlicher Behinderung sowie mit psychisch Kranken auch wirtschaftlich erfolgreich arbeiten kann.“ Gesagt, getan. Das Unternehmen ist heute eine gemeinnützige GmbH, die als Integrationsunternehmen dennoch von Steuervorteilen profitieren kann. Dass Bedarf an Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung besteht, hat Kowalewski bei der Agentur für Arbeit sowie in Schulen in Erfahrung gebracht.

Jeder Dritte nimmt Baukasten in Anspruch

Von September 2015 bis Juni 2016 sollen bereits 1000 Sweater verkauft worden sein. Die Materialien sind ökologisch und nachhaltig angebaut. Jeder dritte Kunde nimmt den Baukasten in Anspruch und ändert sein Oberteil. Im Trend bei den Pullovern liegen gedeckte Farben, die mit auffälligen Reißverschlussfarben kombiniert werden. Preislich liegen die Pullover und T-Shirts auf einem ähnlichen Level wie die von Marken wie Trigema. Diese Unternehmen produzieren in Deutschland und legen ebenfalls Wert auf nachhaltig hergestellte und fair gehandelte Stoffe.

Für die Zukunft planen Designerin Feist und Geschäftsführer Kowalewski, dass weitere Kleidungsstücke wie Hosen ins Sortiment aufgenommen werden. Über eine Crowdfunding-Plattform soll ab Herbst zudem Geld gesammelt werden, damit ein professioneller Konfigurator für den Onlineshop programmiert werden kann. „Falls genug Geld zusammenkommt, wird eventuell auch eine weitere Stelle bei Wasni geschaffen“, sagt Kowalewski.