Vor zehn Jahren hat die Second-Hand-Boutique PragA eröffnet. Das Jubiläum ist eigentlich ein Grund zum Feiern. Doch das von der Caritas getragene Unternehmen drücken Sorgen.

PragA – das klingt wie Prada, der Name einer Luxus-Mode-Marke. Und teure Marken wie Marc Cain, Strenesse oder auch Prada hängen tatsächlich an den Ständern der Second-Hand-Boutique, die von der Caritas Stuttgart und der Kirchengemeinde St. Georg getragen wird. Allerdings zu einem Bruchteil des Preises für neue Designerware. Deshalb kommt Monika Hennies immer wieder gern zum Stöbern in die Friedhofstraße 57. „Klar schau ich auf die Etiketten in der Kleidung, und oft finde ich tolle Marken für wenig Geld“, sagt die Esslingerin. Die 62-Jährige kauft aber nicht nur ein. Sie bringt auch immer was aus ihrem Kleiderschrank mit: Diesmal sind es eine noch nie getragene weinrote Steppweste, eine schwarze Hose und eine bunte Bluse. Von den Sachen trennt sie sich, weil sie „ rausgewachsen“ ist. Eine gute Kundin in der Second-Hand-Boutique ist sie, weil es in dem Geschäft nicht „müffelt“, wie in vielen Second-Hand-Shops, alles in gutem Zustand, geordnet und perfekt dekoriert ist.

 

Zwischen 30 bis 50 Kundinnen hatte das PragA täglich. Sie haben entweder Sachen gebracht oder gekauft – und oft wie Monika Hennies das eine mit dem anderen verbunden. „Die Zahl ist um rund 20 Prozent zurückgegangen , nachdem die Stadtbahnhaltestelle Friedhofstraße vor dem PragA abgebaut war. Viele unserer Kunden kamen nämlich mit der Bahn. Und durch die Sanierung der Stadtbahngleise, über die wir erst ein paar Tage vor Baustart informiert wurden, bleiben noch mehr Kunden weg“, stellt die Leiterin Elke Tubandt fest. Ärgerlich ist die späte Information, weil sie dadurch keine Möglichkeit mehr hatte, die Betriebsferien in die Bauphase zu legen.

Ein-Euro-Jobs werden nicht mehr bewilligt

Aber auch der eigene Erfolg schafft Probleme: Seit vergangenem Jahr können keine Ein-Euro-Jobs mehr angeboten werden. „Beim Start konnten wir über diese Arbeitsgelegenheiten 17 langzeitarbeitslose Frauen beschäftigen. Dann wurden die Ein-Euro-Jobs auf zehn, fünf und drei reduziert. Und jetzt bekommen wir gar keine mehr bewilligt“, sagt die 58-jährige. Das ist bitter, weil das PragA eine seiner Aufgaben darin sieht, langzeitarbeitslosen Frauen eine Perspektive zu bieten und sie möglichst für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Vom Jobcenter nicht mehr bewilligt werden die Arbeitsgelegenheiten, weil im PragA zu wenig Menschen mit so geringes Einkommen einkaufen, dass sie im Besitz einer Bonuscard sind. Die Käufer müssten zu 75 Prozent aus Bonuscard-Inhabern bestehen, damit die Ein-Euro-Jobs als gemeinnützig gelten und nicht die Gefahr besteht, dass sie reguläre Arbeitsplätze ersetzen. Tatsächlich haben nicht mal 50 Prozent der Kunden eine Bonuscard. Im Klartext: Die Ein-Euro-Jobs sind gestrichen, weil das Angebot im PragA so hochwertig ist, dass es auch Kundinnen mit höherem Einkommen anspricht, und die mittlerweile das Gros der Kundschaft stellen. Tubandt: „Second Hand ist in der Mitte der Gesellschaft absolut angesagt .“

Qualifizierungsangebote für Frauen gibt’s aber immer noch im PragA. Innerhalb der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (Fim) kann das PragA zehn Frauen beschäftigen. Die erhalten außer 80 Cent pro Stunde auch Deutschunterricht. Acht Stellen sind derzeit besetzt. In dem Projekt „Move on“ werden seit vergangenem Jahr langzeitarbeitslose Frauen in Buchhaltung, Textilkunde und Verkauf qualifiziert, und sie erhalten ein sechswöchiges Praktikum in einem regulären Betrieb. Drei Frauen nehmen derzeit an dem Projekt teil, bei dem sie nichts verdienen. Dass es nur so wenige sind, erklärt Tubandt mit der annäherenden Vollbeschäftigung in Stuttgart. Weitere zwei Frauen sind in durch die Arbeitsagentur geförderten Arbeitsverhältnissen (FAV). Dabei handelt es sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, bei denen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entfallen. Die 13 Mitarbeiterinnen in den drei Projekten werden von Sozialpädagogin Hannelore Huzel professionell begleitet und bei der Lösung möglicher Probleme unterstützt.

Dass es sich bei der Boutique PragA um eine Sozialeinrichtung handelt, davon ist im Verkaufsraum nichts zu merken. In einer eleganten Ledersitzecke wird den Kundinnen Kaffee angeboten, „ein guter Kaffee“, betont Tubandt. Denn das PragA will Begegnungsstätte sein. Etwas, was Stammkundin Saska Novak schätzt. Die 40-Jährige trifft sich in der Boutique oft mit Freundinnen zum Shoppen. Mittlerweile gehört auch ihre 16-jährige Tochter zur Stammkundschaft. „Wir finden hier immer etwas“, sagt Novak – und probiert eine blau-weiß gestreift Bluse an, die prima zu ihren Jeans passt – und gekauft wird.