Während noch nach einem Nachfolger für den Ex-Chef Claus-Dietrich Lahrs gesucht wird, kündigt der Rumpf-Vorstand bereits erste Sparmaßnahmen an. Unprofitable Läden sollen geschlossen werden.

Metzingen - Mit erstaunlich offenen Worten sagt Mark Langer am Donnerstagmorgen in Metzingen, dass er zu diesem Thema nichts sagen möchte: „Wir haben alle möglichen Fragen von Ihnen vorher durchgespielt“, verrät der Finanzchef von Hugo Boss, nachdem er wiederholt auf den jüngsten Abgang des Vorstandschefs Claus-Dietrich Lahrs angesprochen wurde. Die Bilanzvorlage des Modekonzerns war mit Spannung erwartet worden, weil sich die Beobachter etwas mehr Klarheit über den überraschenden Abgang des Chefs erhofften. Boss hatte am 25. Februar die Trennung von Lahrs bekanntgegeben. Zwei Tage zuvor war der Aktienkurs der Boss-Papiere nach einer Gewinnwarnung um mehr als 20 Prozent eingebrochen. Bereits im Oktober hatte Boss seine Ziele für 2015 einkassiert.

 

Nun also Schweigen. Mit der vielleicht sechsten Nachfrage zur Personalie Lahrs gelingt es doch einem Journalisten, einen Satz aus Langer herauszukitzeln: „Es gab keinen Dissens zwischen den Vorstandsmitgliedern.“ Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass Lahrs’ Abschied allein vom Aufsichtsrat unter dessen Vorsitzendem, dem früheren Adidas-Vorstand Michel Perraudin, betrieben wurde. Es bleibt jedoch Spekulation.

20 Geschäfte in China werden geschlossen

Konkreter wird Langer, als er von den Maßnahmen berichtete, mit denen Boss auf die schleppenden Geschäfte außerhalb Europas regieren will. Das komplette Filialnetz, dass unter Lahrs auf mehr als 1100 Standorte ausgebaut wurde, komme auf den Prüfstand. Zunächst nehme man die 15 bis 20 Geschäfte mit der geringsten Profitabilität unter die Lupe. Auch die rund 20 für dieses Jahr geplanten Neueröffnungen würden nochmals geprüft. Bereits entschieden sei dagegen die Schließung von 20 der 130 Filialen in China. „In bestimmten Regionen müssen wir kritisch die Expansion überdenken“, so Langer.

Der Konzern hat auf die Kaufzurückhaltung im chinesischen Markt und einen Umsatzrückgang von neun Prozent reagiert und seine Preise gesenkt; um zehn Prozent im zweiten Halbjahr 2015 und um weitere 20 Prozent zu Jahresbeginn. Das Preisniveau liege immer noch rund 50 Prozent über dem in Frankreich, weshalb Langer weitere Anpassungen nicht ausschließen will. „Wenn ein Anzug in Deutschland 500 Euro kostet, kostet er in Frankreich 600 Euro und in China 900“, so der Manager, der die operative Leitung des Konzerns vorübergehend zusammen mit Markenvorstand Christoph Auhagen und Vertriebschef Bernd Hake übernommen hat. In den USA, wo die Umsätze um fünf Prozent gesunken sind, zieht sich Boss auf eigene Ladenflächen in den Kaufhäusern zurück, da Ketten wie Macy’s und Nordstrom im Konkurrenzkampf die Preise zu stark reduzieren.

Auch abseits des Filialgeschäfts wird der Rotstift angesetzt, etwa im IT-Bereich. Die Investitionen sollen nach einem Sprung im Vorjahr auf unter 200 Millionen Euro sinken. Mietverträge würden neu verhandelt, um weitere Kosten zu sparen. Dass im Zuge von Filialschließungen auch Arbeitsplätze bedroht sind, schließt Langer nicht aus. Am Stammsitz in Metzingen werden jedoch zunächst Stellen aufgebaut, da Boss den Onlinevertrieb zurück ins eigene Haus holt.

100 eigene Läden werden in diesem Jahr renoviert

Trotz der geplanten Sparmaßnahmen soll der Bereich des eigenen Einzelhandels der Wachstumsmotor des Konzerns bleiben. Dazu werden in diesem Jahr etwa 100 Läden renoviert. Der Einzelhandel macht etwa 60 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Im Gegensatz zum Großhandelsgeschäft, in dem 2015 drei Prozent weniger Umsatz eingespielt wurde, sind die Erlöse im Einzelhandel um sieben Prozent gesteigen; flächen- und währungsbereinigt betrug das Wachstum allerdings nur zwei Prozent.

Durch die Sparmaßnahmen soll der Gewinnschwund gebremst werden. Boss rechnet für 2016 mit einem Rückgang des operativen Ergebnisses im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Der Umsatz wächst laut Prognose im niedrigen einstelligen Bereich. „2016 wird ein entscheidendes Jahr für Hugo Boss“, sagt Langer.