Märklin-Chef Stefan Löbich setzt weiter auf klassisches Spielzeug. Auch unter dem Dach des Kaufinteressenten Simba Dickie werde er an seiner Strategie festhalten, sagt er im Gespräch mit StZ-Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Nürnberg –Der Modelleisenbahnhersteller Märklin steht wieder unter Dampf. Zum dritten Mal in Folge verzeichnet das Traditionsunternehmen aus Göppingen steigende Auftragseingänge. Geschäftsführer Stefan Löbich steht für eine veränderte Geschäftspolitik: „Wir haben uns nach außen geöffnet und sind nahbarer geworden“, sagt er im StZ-Interview.
Herr Löbich, entgegen allen Ausrufen der digitalen Revolution auf dem Spielzeugmarkt behauptet sich doch das klassische Spielzeug. Die Kinder lieben Lego und Playmobil, sie entdecken Carrera und Märklin wieder. Haben Sie jemals daran gezweifelt, dass Tradition sich durchsetzt?
Dann hätte ich meinen Job vor drei Jahren nicht angetreten. Die Kinder heute spielen ja nicht anders als wir früher gespielt haben. Es ist wichtig für den Standort Deutschland – das Land der Ingenieure, Dichter und Denker – Kinder wieder bauen, basteln und kreativ sein zu lassen. Kreativität entsteht dadurch, etwas zu schaffen, etwas zusammenzubauen und sich stundenlang damit zu beschäftigen. Jedes Kind hat den Drang, die Dinge anzufassen, anzuschauen oder zu drehen. Da hat die virtuelle Welt durchaus ihre Grenzen. Ich will aber auch nicht das Rad der Zeit wieder 50 Jahre zurückdrehen. Das Traditionelle und das Neue müssen sich miteinander verbinden, das ist unsere Aufgabe.

Es ist ihnen gelungen den Nachwuchs mit den einfachen, batteriebetriebenen Eisenbahnen der „My world“-Linie wieder an Märklin heranzuführen. Welchen Stellenwert hat das Kinderzimmer für sie heute?
Die Keime gehen langsam auf, wir haben erste Erfolge bei der Gewinnung neuer Kunden. Das Hauptgeschäft machen wir allerdings nach wie vor mit den Sammlern und Modellbahnprofis. Mir ist grundsätzlich jeder mögliche Konsument wichtig. Jeder muss seinen Bedürfnissen entsprechend behandelt werden, sei es durch Produktneuheiten, wie wir sie hier auf der Messe in Nürnberg präsentieren, oder durch individuelle Betreuung im Fachhandel. Der Käufer eines High-End-Produktes möchte natürlich ganz anders bedient werden, dem geht es um Detailgenauigkeit.

Am Märklin-Stand auf der Spielwarenmesse steht der Slogan „Größe zeigen“, bezogen auf die großen Loks auf den breiten Spuren. Ist das auch als selbstbewusstes Signal des Marktführers an die Branche zu verstehen?
Ich bin kein Freund von protzigen Aussagen. Der Markt hat so viele gute Teilnehmer, deren Leistungen ich respektiere. Jeder noch so kleine Konkurrent hilft auch, das Thema Modelleisenbahnen wieder salonfähig zu machen. Umso schöner ist es, dass Märklin auf dem Weg ist, sich wieder als das Unternehmen zu etablieren, dass es einmal war. Wir haben uns nach außen geöffnet, sind nahbarer für unsere Händler und Kunden geworden. Unsere Strategie ist es natürlich, weiter zu wachsen.

Sie könnten schon bald eine Marke von vielen unter dem Dach der fränkischen Spielwarengruppe Simba Dickie sein. Ulrich Brobeil, der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Spielwaren-Industrie, hat eine mögliche Übernahme als „Glücksfall“ bezeichnet. Sehen Sie das genau so?
Natürlich würden wir uns freuen, wenn die Übernahme zustande käme. Simba Dickie ist ein deutschsprachiges Unternehmen, das nur zweihundert Kilometer von uns entfernt sitzt und inhabergeführt ist. Zudem agieren wir in sich überschneidenden Märkten. Ich muss aber auch sagen, dass ich als Geschäftsführer zum jetzigen Stand nicht in die Verhandlungen eingebunden bin. Die laufen über den treuhänderischen Gesellschafter Michael Pluta. Aus operativer Sicht wäre es sicher ein guter Schritt für Märklin. Beide Häuser haben im Moment keine unmittelbare zeitliche Not, es gibt also auch keine hektischen Entscheidungen. Unsere mittelfristige Strategie ist den Verantwortlichen in Fürth bekannt, wird dort auch für gut befunden und von uns unabhängig vom Zustandekommen des Geschäfts weiter verfolgt werden.

Würde nichts vom Image der Traditionsmarke verloren gehen, wenn Märklin nur noch eine Produktreihe neben anderen wäre?
So wie ich Simba Dickie wahrnehme, haben die einzelnen Untermarken immer ihren eigenen Charakter behalten. Ich selbst komme aus einem großen Konzern (Würth-Gruppe Künzelsau, Anm. d. Red.), wo es an der Tagesordnung war, mit unterschiedlichen Marken umzugehen. Da wird es keine Markenbeschädigung geben, im Gegenteil. Ich glaube eher, dass wir unseren Weg mit einem starken Partner an unserer Seite weiter gehen könnten.

Sie verfolgen schon eine Mehrmarkenstrategie mit der Kernmarke Märklin sowie den Schwestern Trix und LGB. Erwarten Sie Veränderungen für die beiden letztgenannten?
Ich erwarte nicht, dass wir nach einer Übernahme eine 180-Grad-Wende vollziehen würden. Dazu besteht keine Notwendigkeit. Unsere Aufgabe ist es, weiter gute Zahlen abzuliefern, was uns seit 2010 gelungen ist. Herr Sieber (Geschäftsführer der Simba-Dickie-Gruppe, Anm. d. Red.) ist ein höchst erfolgreicher Unternehmer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas verändern würde, was sehr gut läuft.