Das Schickhardt-Gymnasium und die künftige Schickhardt-Gemeinschaftsschule wollen Querwechslern stärker entgegenkommen – und so Schülerfrust vermeiden.
Stuttgart - Amtlich ist es bisher zwar noch nicht. Aber an der Schickhardt-Realschule im Süden geht man ganz fest davon aus, dass das Kultusministerium den Antrag der Stadt genehmigen wird und bereits im nächsten Schuljahr die Klassenstufe fünf dort als Gemeinschaftsschule starten kann. Im Unterschied zu anderen Gemeinschaftsschulen hat man das Gymnasium als Anschlussmöglichkeit schon im Haus. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass auch das Schickhardt-Gymnasium die Kooperation beider Schularten vorantreibt und sein Leiter Edwin Bartels erklärt: „Bei den Arbeitsformen werden wir von der Gemeinschaftsschule lernen – ich glaube, dass wir einiges davon übernehmen werden.“ Das könnte für städtische Schulen in Stuttgart Modellcharakter haben.
Beide Schularten wollen die Durchlässigkeit erhöhen
Denn streng genommen passen die Systeme Gemeinschaftsschule und G8 in einigen Punkten nicht zusammen: In der neuen Schulart gibt es kein Sitzenbleiben mehr, aber Lerntagebücher, Kompetenzraster, individuelle Leistungsanforderungen und regelmäßige persönliche Feedbackgespräche zwischen Schüler und Lehrer. Einiges davon setze man bereits in der Realschule um, berichtet deren Leiter Richard Haag. Das klassische G 8 hingegen ist geprägt von klar definierten Leistungsanforderungen, einheitlichen Klassenarbeiten und der Versetzungsordnung.
Doch die beiden Schickhardt-Schulen wollen ihre Systeme für die Schüler so durchlässig wie möglich machen – in beide Richtungen. Aus mehreren Gründen. Seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung haben es beide Schularten mit einer deutlich heterogeneren Schülerschar zu tun. Bartels formuliert das so: „Wir haben unsere Jungfräulichkeit verloren.“ Man könne nicht mehr wie früher auf die Gymnasialempfehlung vertrauen, wenn ein Kind einen Leistungseinbruch habe, sondern müsse grundsätzlicher beobachten, ob die Schulart passe. Problematisch sei es, wenn Schüler überfordert seien, berichten beide Schulleiter. Ein Mädchen habe gar das Sprechen eingestellt, auch andere Kinder habe man an die Werkreal- oder Förderschule weitergereicht.
Dauerhafter Misserfolg bei Schülern ist schwer aufzufangen
„Manche Eltern sehen es als eigenes Versagen an, wenn das Kind in seinen schulischen Leistungen nicht ihren Vorstellungen entspricht“, so Haag. „Doch je länger diese Phase der Überforderung dauert, desto stärker wird Schule abgelehnt – und dadurch eigene Entwicklung behindert“, ergänzt Bartels. „Die Jüngeren kann man noch auffangen“, so Haag, „wenn sie erst nach Klasse acht oder neun kommen, wird das schwierig.“
Durch die zunehmende Kooperation – künftig auch unter einem Dach namens „Schickhardt-Schulen“ – wollen beide Schularten den Schülern ermöglichen, ohne Imageverlust die passende Lernform zu wählen oder sie zu korrigieren. „Schüler, die vom Gymnasium auf die Gemeinschaftsschule wechseln – aus sportlichen oder individuellen Gründen –, kriegen von uns die Garantie, dass sie einen Platz im Gymnasium bekommen, wenn sie das geforderte Leistungsbild haben“, kündigt Bartels an. Er gehe davon aus, dass manchen Kadersportlern der Weg über die Gemeinschaftsschule zum Abitur entgegenkomme, da sie so ihre Wettkämpfe besser mit dem Schulalltag vereinen könnten. Unter gemeinsamem Dach würde auch die künftige Gemeinschaftsschule zur Eliteschule des Sports.