Der Kreistag beschließt die Teilnahme zur Erprobung der Antriebstechnik im öffentlichen Personennahverkehr und die Einrichtung einer Lernwerkstatt an der Gewerblichen Schule in Backnang.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Weissach im Tal - Der Rems-Murr-Kreis ist einer von bundesweit drei Landkreisen, die sich im Rahmen eines Modellprojekts an der Erprobung der Wasserstofftechnologie im öffentlichen Nahverkehr beteiligen werden. Das hat der Kreistag am Montagnachmittag ohne Gegenstimme in seiner Sitzung in Weissach im Tal beschlossen. Mit der Entscheidung ist freilich nicht nur verbunden, dass man als so titulierter „HyPerformer“ bis zu vier Millionen Euro an Fördergeld des Bundes abrufen kann. Den Räten war vor der Entscheidung auch bewusst gemacht worden, dass die Umsetzung der mutmaßlichen Zukunftstechnologie den Landkreis auf absehbare Zeit bis zu eine Million jährlich kosten könnte.

 

Wasserstoffproduktion in Waiblingen

Zusammen mit der Stadt Waiblingen soll nun auf dem ehemaligen Gelände der Ziegelei Hess Wasserstoff aus regenerativen Energien hergestellt und in einer Tankstelle bereitgehalten werden. Betankt werden sollen dann eigens angeschaffte klimafreundliche Busse, die voraussichtlich auf bestehenden Linien herkömmliche Dieselfahrzeuge ersetzen. Die Busse sollen spätestens in zweieinhalb Jahren fahren. Zudem ist mittelfristig daran gedacht, bei der Beschaffung neuer Züge auf der Wieslauftalbahn auf Loks mit Wasserstoffantrieb umzusteigen.

Flankiert werden soll das Ganze von einer sogenannten „Lernwerkstatt Zukunftstechnologie Wasserstoff und Brennstoffzelle“ an der Gewerblichen Schule in Backnang. Dort sollen, wie die Schulleiterin Isolde Fleuchaus in der Sitzung am Montag erläuterte, berufssparten- und schulübergreifend Qualifikationen in der Wasserstofftechnik vermittelt werden. Zum anderen wolle man auch in der Öffentlichkeit durch Aufklärung Akzeptanz für diese neue Technologie schaffen.

Kreistag geschlossen hinter Projekt

Wissenschaftlich begleitet wird das Vorhaben vom Institut für Nachhaltige Energietechnik und Mobilität an der Hochschule Esslingen. Dessen Leiter, Ralf Wörner, betonte, dass der Einsatz alternativer Antriebe schon allein wegen zunehmender Vorgaben der EU und zu erwartender Strafsteuern notwendig sei. Durch das frühe Einsteigen im Rahmen des Modellprojekts könne man sich bei der Umsetzung einer potenziellen Zukunftstechnologie einen Verfahrens- und Standortvorteil verschaffen.

Das ist offenkundig auch die Hoffnung im Kreistag. Über die Parteigrenzen hinweg wurde das Projekt gelobt und trotz finanziellen Risikos für mitmachenswert befunden. Lediglich Max-Eric Thiel von der AfD betonte, dass es seiner Fraktion um den Technologieaspekt gehe und nicht etwa um ein grünes Gewissen.

Einer von drei HyPerformern

Strategie
Wie etwa Daimler oder Bosch setzt auch der Bund wieder auf den Energieträger Wasserstoff. Die Entwicklung von Brennstoffzellen, die bei der Erzeugung von Strom lediglich Wasser als Abfallprodukt produzieren, galt schon in früheren Jahren als saubere Antriebsalternative, wurde dann aber nicht mehr mit Hochdruck verfolgt.

Förderprogramm
Im Rahmen des vor vier Jahren aufgelegten „Nationalen Investitionsprogramms Wasserstoff“ unterstützt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in der Kategorie „HyPerformer“ drei Regionen in Deutschland bei der Umsetzung von Konzepten mit insgesamt 20 Millionen Euro. Der Rems-Murr-Kreis und die Stadt Waiblingen gehören im Verbund mit der Metropolregion Rhein-Neckar zu den im vergangenen Jahr auserwählten Bewerbern.