Über den Debatten um Stadtbahnevarianten und BRT-Trassen wäre es beinahe vergessen worden, aber die Stadträte von SPD und Grünen beharrten darauf: Von Mittwoch an gibt es ein billiges Busticket für Ludwigsburg.
Ludwigsburg - Das ist ein wunderschöner Tag für den Verkehrsverbund“, sagt VVS-Geschäftsführer Horst Stammler: Von Mittwoch, 1. August, an können alle Ludwigsburger Buslinien mit einem Billigticket genutzt werden. Für Baubürgermeister Michael Ilk ist es ein weiteres Puzzleteil im Gesamtpaket Verkehr, während es für die SPD und die Grünen ein Meilenstein ist. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass der ÖPNV in Ludwigsburg ein Stück günstiger wird. Zwar wird die Idee nicht in Reinform umgesetzt – ursprünglich wünschten sich die Antragsteller ein Ein-Euro-Ticket – aber mit dem jetzt gefundenen Kompromiss sind alle zufrieden: die Verwaltung, die Verkehrsbetriebe Stuttgart (VVS) sowie die Ludwigsburger Verkehrslinien (LVL).
Aus dem ursprünglich gewünschten Einzelticket für ein Euro ist ein Tagesticket zu drei Euro geworden. Mit dieser günstigen Tageskarte (die bislang 7 Euro kostet), kann jeder Fahrgast einen Tag lang kreuz und quer durch die Stadt fahren. Oder wie Stammler sagte: „Ab der dritten Fahrt ist es umsonst.“ Ein Gruppenticket, mit dem bis zu fünf Personen fahren können, kostet künftig 6 Euro statt 12,30 Euro. Zwar gehen VVS die LVL davon aus, dass dank der günstigen Tarife künftig bis zu 15 Prozent mehr Ludwigsburger auf den Bus umsteigen werden, dennoch muss die Stadt draufzahlen: nach den vorläufigen Kalkulationen etwa 650 000 Euro im Jahr.
Bürgermeister Ilk geht davon aus, dass das günstige Ludwigsburger ÖPNV-Angebot „ein Erfolgsmodell“ wird. „Wir bieten das Konzept jetzt auch in der Region an“, sagt Stammler. Kommunen wie Esslingen, Filderstadt, Kornwestheim, Remseck, Böblingen und Sindelfingen sowie einzelne Strohgäugemeinden seien sehr interessiert. Tatsächlich laufen in diesen Städten seit Langem ähnliche Debatten wie in Ludwigsburg. Die meisten dürften aber wohl abwarten, um sicherzugehen, dass das Modell auch funktioniert. Zunächst soll es den günstigen Fahrschein bis Ende 2019 geben. Dann wird Kassensturz gemacht. Wird das Modell gut angenommen und wächst das Defizit nicht in astronomische Höhen, soll das Billigticket auf Dauer gestellt werden.
Auch wenn sich Ludwigsburg nun als Modellstadt für das Billigticket präsentiert, ähnliche Anreize für den Umstieg auf den Bus gibt es schon länger. Etwa in Marbach, wo die Pendler jede beliebige Haltestelle im Stadtgebiet für 1,30 Euro ansteuern können. Die Stadt bezuschusst das mit 25 000 Euro im Jahr. Im Stadtgebiet von Herrenberg (Kreis Böblingen) kostet eine Fahrt 1,80 statt der regulären 2,40 Euro. Der Preis für den Viererblock ist von 9,10 Euro auf 7 Euro reduziert worden. Der Stadtkämmerer muss dafür im Jahr etwa 40 000 Euro an den VVS überweisen. Ein Ein-Euro-Ticket gibt es auch in Eislingen (Kreis Esslingen).
Als der Modellversuch im Jahr 2015 in Marbach startete, freuten sich die Kommunalpolitiker und die Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe über den enormen Zuspruch: Im ersten Jahr wurden mehr als 40 000 dieser Billigtickets verkauft. Doch dann kam ein Einbruch: Die Zahlen sanken bis 2017 auf 33 500. Ein Grund dafür: Das vergünstigte Feinstaubticket in Stuttgart hatte viele Pendler in die S-Bahn gelockt. Trotzdem halten die Marbacher weiterhin an ihrem Angebot fest.
Im Fall von Ludwigsburg befürchtete der Verkehrsverbund Stuttgart, dass eine verbilligte Einzelkarte das Geschäft mit den Monatskarten verderbe. „Außerdem wollten wir nicht, dass die Busfahrer durch den Verkauf so vieler Einzeltickets zu sehr in Anspruch genommen werden“, sagt die LVL-Geschäftsführerin Carry Buchholz. Als Lösung bot sich das Konzept Tagesticket an. Das bietet keine Vorteile gegenüber einer Monatskarte, und die Fahrer sind deutlich weniger mit dem Verkauf von Tickets beschäftigt: „Das sichert die Fahrplanstabilität“, sagt Buchholz.
Als SPD und Grüne Anfang 2016 den Vorschlag für ein Ein-Euro-Ticket eingebracht haben, war die Resonanz verhalten. Erst nach mehrfachem Nachhaken begann die Verwaltung, mit den Busbetreibern und dem VVS zu verhandeln. Dass die Sache nun innerhalb weniger Monate konkret geworden ist, dürfte auch dem drohenden Fahrverbot wegen der zu hohen Feinstaubbelastung geschuldet sein. Über der Debatte über Stadtbahnen und BRT-Trassen habe man „das Naheliegende aus den Augen verloren“, räumte Michael Ilk ein.