Monatelang gab es keine Entscheidung darüber, ob der Bund bei der modernen Signaltechnik ETCS erstmals nicht nur die Ausstattung des Schienennetzes, sondern auch die der Züge fördert. Jetzt ist eine Entscheidung gefallen, die Beifall findet.

Stuttgart - Grünes Licht für ein millionenschweres Infrastrukturprojekt: Bis 2025 sollen der Bahnknoten Stuttgart mit dem neuen S-21-Tiefbahnhof und die unterirdische Stammstrecke der S-Bahn mit der neuen europäischen Leit- und Sicherungstechnik ETCS ausgestattet werden. „Damit wird Stuttgart zur Metropolregion mit dem ersten digitalen Schienenknoten in Deutschland“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Neben der Region Stuttgart werden auch die Schnellfahrstrecke Köln-Main/Rhein und die Trassen der transeuropäischen Verbindung Skandinavien-Mittelmeer mit ETCS und digitalen Stellwerken ausgestattet. Dafür stehen bis 2023 zunächst 570 Millionen Euro bereit. DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla sprach von einer „Revolution für die Eisenbahn“. Erstmals fördere der Bund neben der Infrastruktur auch die Digitalisierung von Zügen.

 

Finanzministerium tut sich schwer

Gerade um die Frage, ob im Rahmen der Einführung von ETCS neben der Ausstattung der Schienen auch der Einbau der entsprechenden Technik in die Fahrzeuge vom Bund bezuschusst wird, hatte es in den vergangenen Monaten heftige Debatten mit dem Bundesfinanzministerium gegeben. Dort wollte man die bisherige Förderpraxis nur für den Fahrweg nicht so einfach ändern, nun gilt die Förderung der ETCS-Ausstattung der S-Bahnen und der Regionalzüge als Modellvorhaben. Auf diese Entscheidung hatten Bahn, Land und Verband Region Stuttgart schon seit mehr als einem Jahr gedrängt, weil sowohl für das Projekt Stuttgart 21 als auch für die Ausrüstung der bestehenden 157 und 58 neu bestellten S-Bahn-Fahrzeugen sowie der Regionalzüge die Zeit drängte. Nun liegen dem Landesverkehrsministerium, der Bahn und dem Verband Region Stuttgart Schreiben vor, die eine anteilige Bundesförderung zusagen – allerdings mit dem Vorbehalt, dass die Europäische Kommission dem zustimmt.

Land und Region sind froh

Verkehrsminister Winfrid Hermann (Grüne) und Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) begrüßten die Entscheidungen auf Bundesebene. „Ich freue mich, dass es nach langem Ringen gerade noch rechtzeitig gelungen ist, für dieses Gemeinschaftsprojekt endlich Klarheit zu bekommen“, sagte dann auch Hermann. Es sei eine „zentrale Voraussetzung für die Steigerung der Pünktlichkeit und der Kapazität des bundesweiten Schienenverkehrs.“ Im Namen des Verbands Region Stuttgart, der Aufgabenträger der S-Bahn ist, erklärte Bopp: „Wir sind froh, dass der Schienenknoten Stuttgart mit Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Jahr 2025 digital ausgestattet sein wird.“ Er bezeichnete dies als „großen Schritt zu mehr Pünktlichkeit und Kapazitätserweiterung auf einer bestehenden Infrastruktur.“ Allerdings soll die Digitalisierung des gesamten Stuttgarter S-Bahnnetzes mit den Mischverkehrsstrecken (S-Bahn-, Regional- und Fernzüge) und bis zu den Endpunkten der S-Bahn erst bis ins Jahr 2030 erfolgen.

Zu hohe Erwartungen?

Die Euphorie der Politik wird nicht von allen geteilt. Die Erwartung, dass ETCS sowohl Verspätungen abbauen als auch noch zusätzliche Zugfahrten durch den S-Bahntunnel ermöglichen könne, sei eine „nicht erfüllbare Wunschvorstellung“, sagt Matthias Lieb, Landeschef des ökologischen Verkehrslubs VCD. Andere Experten verweisen auf Erfahrungen in der Schweiz, wo mit ETCS der Betrieb im Nahverkehr nicht verbessert worden sei.