Vier Mitarbeiter sollen den technischen Wandel in der Verwaltung, den Schulen, im Verkehr und mit Zukunftsprojekten vorantreiben

Sindelfingen - Dass die Sindelfinger Stadtverwaltung langsam arbeitet, ist ein Vorwurf, den sich die Verwaltungsspitze öfter anhören muss. Es ist ein beliebtes Thema der Fraktionssprecher in der jährlichen Haushaltsaussprache. Momentan haben die Stadträte jedoch keinen Grund zu solchen Klagen. Mit Volldampf machte sich die Verwaltung daran, das erst im Oktober vom Gemeinderat in einer Klausurtagung besprochene und dann im Dezember verabschiedete Konzept zur Digitalisierung umzusetzen.

 

Ein eigenes Amt für Digitalisierung soll entstehen, mit anfangs vier Mitarbeitern. Diesen Vorschlag unterbreitete der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer persönlich den Räten in der Sitzung des Verwaltungsausschusses, den normalerweise der Erste Bürgermeister Christian Gangl leitet. Damit demonstriert Vöhringer: Die Digitalisierung ist in Sindelfingen Chefsache. Ganz vorne mit dabei sein wollen die Sindelfinger. Und mit der Schaffung eines eigenen Amts dafür stehen sie in der Region auch weit vorne. Doch nicht alle Stadträte sind mit dieser Herangehensweise glücklich.

Die Grünen möchten lieber eine externe Agentur

Die Grünen hätten dafür lieber eine Agentur, die nicht an die Stadtverwaltung angegliedert ist. Es gehe ja schließlich nicht nur darum, die Verwaltung in die Moderne zu puschen, sagte Tobias Bacherle. „Die Digitalisierung ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der durch alle Bereiche geht“, sagt er. Dafür sei ein Amt nicht besonders geeignet. „Wenn es darum geht, gemeinsame Projekte mit Wirtschaftsunternehmen anzustoßen, halten wir eine unabhängige Agentur für geeigneter. „In einer Start-up-Atmosphäre kann man ganz anders arbeiten als im Rathaus“ , meinte Bacherle.

Denn zum Konzept des Sindelfinger Rats gehört nicht nur die Umstellung vieler analoger Vorgänge im Rathaus auf digitale, sondern Projekte in der gesamten Stadt. So sollen die Schulen mit schnellen Internetanschlüssen und entsprechender Hardware aufgerüstet werden. Ein digitales Verkehrskonzept ist ebenso geplant wie ein Modellwohngebiet, in dem Zukunftsprojekte wie das Smart Home erprobt werden. Für solche Aktivitäten sei eine externe Agentur besser aufgestellt, meinen die Grünen.

Ein städtisches Amt stehe für Transparenz, meint der OB

„Wir wollen Transparenz“, erklärte hingegen der Oberbürgermeister Vöhringer. Und diese gebe es nicht, wenn ein Privatunternehmen hinter verschlossenen Türen die Konzepte diskutiere. „Wir wollen das hier in unseren Gremien beraten, sodass viele mitreden können.“ Im Übrigen sei die Stadtverwaltung gut dafür gerüstet, mit großen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Und eine Auslagerung bestimmter Projekte an Externe sei immer denkbar.

Die SPD hatte andere Bedenken. Sie hält die anvisierten vier Mitarbeiter für den Anfang für zuviel. „Wir sollten das Schritt für Schritt angehen“, sagte Christine Rebsam-Bender und plädierte für eine Stabsstelle mit einem Mitarbeiter, der eine Assistenzkraft an die Seite gestellt bekommt.

„Klotzen statt kleckern“ sei bei diesem Thema angesagt, befanden hingegen die Räte der anderen Fraktionen. „Vier Mitarbeiter halte ich nicht für zuviel, sondern für zu wenig“, erklärte Tobias Bacherle. Er plädierte dafür, wenn schon ein Amt, dann aber bitte richtig: „Dann müssen wir auch gleich die EDV-Abteilung eingliedern. Denn dort ist das Know-how. Wir müssen alle Kompetenzen bündeln.“

Am 20. Februar wird das Thema im Gesamtgremium auf die Tagesordnung kommen – und dann soll es auch gleich entschieden werden.

Böblingen kooperiert mit Esslingen, Ludwigsburg und Waiblingen

Kreis
In Herrenberg verzichte die Stadtverwaltung ganz bewusst auf die Schaffung einer eigenen Stelle für die Digitalisierung. „Das ist eine Querschnittsaufgabe, an der möglichst viele mitwirken sollen“, sagte die Stadtsprecherin Anne Reichel. In Böblingen steht das Thema in diesem Jahr groß auf der Tagesordnung. Der Gemeinderat plant dazu eine Klausurtagung, um Strategien und Konzepte für die Umsetzung zu besprechen.

Region
Zudem hat sich die Stadt Böblingen gemeinsam mit den Städten Esslingen, Waiblingen und Ludwigsburg beim Landesprogramm „Digitale Zukunftskommune@bw“ beworben. Sie haben sich in einem gemeinsam Schreiben an den Innenminister Thomas Strobl gewandt und bitten um Fördermittel für den Ausbau der digitalen Strukturen. Dabei setzen sie bewusst auf eine enge interkommunale Zusammenarbeit. „Wir wollen so Kompetenzen bündeln. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden“, heißt es in dem Brief. Bei einer Förderung der vier Anträge gebe es ein Vielfaches an Mehrwert, der auch anderen Städte im Land zu Gute kommen könnte.