Zwergfledermäuse am Bestand, explodierende Preise wegen des Kriegs: Die Erweiterung und Sanierung der Gemeinschaftsschule in Schwieberdingen könnte durchaus mehr als 30 Millionen kosten.

Die Glemstalschule Schwieberdingen-Hemmingen hat turbulente Zeiten hinter sich – wirklich ruhig wird es aber wohl erst, wenn der Neubau steht und danach die Sanierung der Gemeinschaftsschule beendet ist. Seit dem Startschuss für den Erweiterungsbau vor gut zwei Monaten sind erneut dunkle Wolken aufgezogen.

 

Bereits im Februar haben die Bürgermeister Thomas Schäfer (Hemmingen) und Nico Lauxmann (Schwieberdingen), beide CDU, verkündet, dass eine Wochenstubenkolonie mit rund 40 Zwergfledermäusen an der Fassade des Schulgebäudes lebt. Der Umstand verlängert das Projekt um etwa 15 Monate und verteuert es. „Etwas Kopfzerbrechen“, sagte Thomas Schäfer am Dienstag im Gemeinderat, würden auch die Folgen des Kriegs in der Ukraine bereiten. Das Gremium sollte diversen Punkten zustimmen, vor allem Mehrkosten. Was es tat, zähneknirschend. Der Schwieberdinger Gemeinderat hat schon grünes Licht gegeben, an diesem Donnerstag stimmt der gemeinsame Verwaltungsverband (GVV) endgültig ab.

Förderungen höher als gedacht

Laut der aktuellen Kostenprognose wird mit vorläufig geschätzten Mehrkosten von 2,3 Millionen Euro kalkuliert. Im Februar standen noch 1,7 Millionen Euro im Raum, weil sich die Sanierung des Bestandsgebäudes wegen der Zwergfledermäuse auf Oktober 2023 verschiebt. „Die 2,3 Millionen Euro Mehrkosten können entstehen, wenn der Preisindex um 15,3 Prozent steigt“, sagt Hemmingens Bürgermeister Schäfer. Trete dieses Szenario ein, „dann reißen wir die Schwelle von 30 Millionen Euro Projektkosten“. Dank höherer Förderungen – insgesamt wohl circa 11,6 Millionen Euro – sei das für die Gemeinden, die Schulträger, aber noch zu verkraften. 18,7 Millionen müssen sie dann schultern. Ins Rennen gegangen waren sie mit Gesamtkosten von 28,1 Millionen. In das Projekt investieren sie so viel Geld wie in bisher kein anderes.

Die aktuelle Kostenprognose geht von einer Baupreissteigerung um 15,3 Prozent und damit 1,73 Millionen Euro Mehrkosten aus. Grundsätzlich kann die Sanierung des Bestandsgebäudes aber bis zu 4,5 Millionen Euro mehr kosten. Diese Grenze sieht der Risikorahmen vor, auf den sich die Gemeinden mit dem Generalunternehmer, der Stuttgarter Firma Goldbeck Süd, geeinigt haben. Die derzeitige Situation führt laut der Verwaltung dazu, dass Goldbeck keine verbindlichen Mehrkosten für die Verlängerung der Bauzeit nennen kann. Wegen des Kriegs in der Ukraine seien die Preise vieler Baustoffe zum Teil extrem gestiegen – und keiner wisse, wie es weitergehe. 30 bis 40 Prozent der wichtigen Baustoffe kämen aus Russland, der Ukraine und Weißrussland.

Ausstiegsklausel vereinbart

Bei einer Preissteigerung um 40 Prozent können die Gemeinden aussteigen. Das will zwar keiner, was in den Gemeinderatssitzungen in Hemmingen und auch Schwieberdingen deutlich wurde. Die Klausel, erläuterte Schäfer, sei jedoch ein Instrument, um die Reißleine zu ziehen, sollten die Preise davongaloppieren. Beide Seiten hätten „hart gerungen“.

Das Wichtigste ist jetzt allerdings, dass die besonders geschützten Fledermäuse vor der Sanierung des Bestandsgebäudes in die Ersatzquartiere an der benachbarten Grundschule ziehen. Rund 105 000 Euro kostet das neue Domizil – im Zweikammersystem mit Klangattrappen auf dem Dach, um die Säuger anzulocken –, die Planung und das Monitoring. „Wir sind guter Hoffnung“, sagte der Bürgermeister Schäfer: Es habe bereits Sichtungen gegeben. Auch honoriere das Regierungspräsidium Stuttgart den Einsatz für den Artenschutz und stelle eine Ausnahmegenehmigung in Aussicht, damit das Projekt weitergehen könne. Dann kann die Glemstalschule im April 2025 fertig saniert sein.

Problematischer Untergrund

Jedoch bereitet auch noch der Baugrund Probleme. Nachträgliche Untersuchungen der Firma Goldbeck haben gezeigt, dass er eine geringere Tragfähigkeit hat als ursprünglich angenommen – die Probebohrungen im Jahr 2019 hätten einen unauffälligen, homogenen Untergrund ergeben. Nun müssen die Tragwerke für den Neubau tiefer in den Boden. Das führt zu Mehrkosten von rund 120 000 Euro. Auch am Bestandsbau muss nachgebessert werden. Die Kosten werden laut dem Bürgermeister über den dafür vorgesehenen Budgetansatz „Unvorhergesehenes“ von insgesamt 800 000 Euro gedeckt und hätten damit keine Auswirkungen auf das Gesamtbudget.

Trotzdem, die Gemeinderäte sind verärgert. Der Fraktionschef der CDU, Walter Bauer, sagte, er sei „fassungslos“ darüber, dass Fledermäuse Vorrang bekämen vor der Bildungschance von mehr als 500 Kindern. Sein Fraktionskollege Wilfried Gentner fordert, dass aufgearbeitet werde, wer Fehler gemacht habe. Der Rathauschef betonte, das passiere, vorab sei viel geprüft worden, beim Artenschutz, beim Baugrund, ein externer Jurist eingesetzt. Jörg Haspel (Freie Wähler) sagte: „Es ist gut, dass die Frage nach der Verantwortlichkeit geklärt wird.“ Die Glems-aue verbinde er automatisch mit einem problematischen Untergrund. Und Artenschutz werde doch beim Umbau jeder Scheune bis ins letzte Detail geprüft.