Die Perlenkette gilt als Inbegriff weiblicher Eleganz, war zuletzt aber eher out. Nun haben Männer das Modeaccessoire – und ihm zu einem Comeback verholfen.

Sie hatten lange ein Omi-Image. Wer als jüngere Frau trotzdem eine Perlenkette trug, galt bis vor wenigen Jahren als brav, bieder, spießig. Dabei standen die weißen, schimmernden Kugeln einst in vielen Kulturen für Reichtum, Weisheit und Glück, für Schönheit, Eleganz, ja sogar für Manneskraft. Die ägyptische Königin Cleopatra (69 v. Chr. – 30 v. Chr.) zum Beispiel soll zwei Perlen in Wein aufgelöst und ihrem Liebhaber Mark Anton gereicht haben, um ihn für den Liebesakt zu stärken.

 

Rollenbilder haben sich überholt

Inzwischen ist das Geschmeide zurück. Zum Comeback haben der Perlenketten aber nicht nur Frauen verholfen. Immer mehr Männer schmücken sich damit. Wohlgemerkt nicht wie einst im Surferstil samt Haifischzahn, sondern ganz klassisch. Unter anderem, weil sich Rollenbilder überholt haben. Aber auch, weil Schmuck in der Krise generell an Bedeutung gewonnen hat, vor allem als stabile Wertanlage. So verzeichnete die Deutsche Börse eine starke Nachfrage etwa nach Gold und Goldschmuck. Zum anderen, weil in Zeiten von Videokonferenzen der Oberkörper und dessen Hervorhebung im Fokus stehen.

Klar ist: Spätestens seit sich Prominente wie der US-Musiker Pharrell Williams (49), Popstar Justin Bieber (28) und der deutsche Schauspieler Lars Eidinger (46) mit Perlenketten um den Hals zeigen, sind sie ein Trendaccessoire. Harry Styles (28), britischer Popsänger und derzeit eine der Modeikonen schlechthin, trägt sie in den unterschiedlichsten Versionen, mal eng anliegend, mal in mehreren Lagen. Und selbst Rapper, die bisher eher mit schweren Goldketten protzten, zeigen sich nun mit eleganten Perlen.

Der Trend ist allerdings längst nicht mehr Avantgarde, sondern setzt sich flächendeckend durch. Das belegen auch Daten von Mode-Blogs und -Plattformen wie Highsnobiety und Lyst, bei denen vornehmlich junge Leute bestellen: Der Kauf von Schmuck, darunter Perlenketten, ist dort 2021 um 150 Prozent gestiegen. Männer, vor allem jüngere, brechen eben immer häufiger mit Geschlechternormen. „Das Bild von der geschmückten Frau und dem schmucklosen Mann ist in der modernen Gesellschaft einfach nicht mehr tragbar“, sagt Max Hörner (25) aus Bozen, der wie viele seine Freunde gern Ringe, Ketten und Ohrringe anzieht. „Außerdem ist das Bild ja auch historisch gesehen falsch“, fügt der Filmstudent hinzu. Und in der Tat, neu ist die Mode nicht.

Schon Maharadschas trugen Perlen

Bereits im Grab eines persischen Königs wurden Perlen entdeckt – sie wurden ihm vor mehr als 4000 Jahren auf die letzte Reise mitgegeben. Im 16. Jahrhundert behängten sich Maharadschas in Indien mit Perlenketten. Auch Piraten schmückten sich gern mit dem wertvollen Naturprodukt. Stolz ließ sich Englands König Charles I. (1600–1649) mit dem faszinierenden, seidig glänzenden Schmuck porträtieren. Und einige Jahrhunderte später, in den 60er Jahren, bewies Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger (79) wie sexy die Ketten an Männern aussehen.

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts konnten sich Perlen aber nur die Reichen leisten. Dass echte Perlen selten sind, macht sie kostbar. Bis heute ist die Entstehung einer Perle ein kleines Wunder der Natur. Gelangen Fremdkörper in das Innere einer Auster, wehrt sie sich, indem sie Perlmutt um den Eindringling legt und ihn so isoliert. Im Lauf der Zeit legen sich weitere Schichten darum – und nach etwa zwei Jahren ist die kleine, runde Kostbarkeit gewachsen. 1920 gelang es dann dem Japaner Kokichi Mikimoto die ersten vollrunden Zuchtperlen auf den Markt zu bringen. Wobei der Entstehungsprozess und die Zusammensetzung genau gleich ist. Der Mensch hilft nur nach, indem er absichtlich einen Fremdkörper in die Muschel pflanzt.

Künstliche Perlen sind billiger

Heute werden für die Schmuckherstellung fast ausschließlich Zuchtperlen verwendet. Meist sind sie von den zufällig entstandenen kaum zu unterscheiden – und sie sind ähnlich teuer: Eine einzelne Perle kann, je nach Herstellung und Qualität, zwischen 150 und mehreren Zehntausend Euro kosten, heißt es beim Pforzheimer Unternehmen Yana Nesper.

Das Angebot an Zuchtperlen, an verschiedenen Farben und Formen, ist groß. Dazu kommt inzwischen eine Vielzahl an künstlich produzierten Perlen, etwa mit Glaskern oder aus Kunststoff, die entsprechend billiger sind. Und so kombiniert, wer etwas auf sich hält, dann eben den Streetwear mit Eleganz, den Kapuzenpulli mit Perlencollier. Ob Bodybag, kastiger Blazer oder Budapester: Die Modetrends werden ohnehin androgyner – und dienen immer mehr dazu, den eigenen Charakter zu unterstreichen. „Für mich hat das Tragen von Schmuck auch mit Selbstachtung zu tun“, erklärt Max Hörner. „Also im Sinn von, mich so zu gestalten, wie ich mich fühle und wie es mir gefällt.“

So entsteht eine Perle

Naturprodukt
 Es gibt die unterschiedlichsten Arten von Perlen – Salzwasser- und Süßwasserperlen, echte und künstlich hergestellte, ja sogar schwarze. Echte Perlen sind ein Naturprodukt. Sie entstehen, wenn ein Fremdkörper in die Muschel eindringt, etwa ein Sandkorn oder eine Milbe, und von Mantelgewebe umschlossen wird. Dieses sondert Perlmutt ab, das sich um den Fremdkörper legt. Daraus wird dann die Perle.

Zuchtproduktion
 Bei Zuchtperlen hilft der Mensch nach. Perlenfarmer setzen Fremdkörper in die Muscheln. Man kann die Perlen oft kaum von Naturperlen unterscheiden. Günstigere Produkte werden künstlich hergestellt: Der Kern ist aus Muschelschale geformt und mit Muschelpulver beschichtet. Billigere Versionen haben einen Glaskern oder sind aus Kunststoff.