Titelteam Stuttgarter Zeitung: Thea Bracht (tab)

Richard Lampert – Der Stuttgarter Möbelmacher hat seine kleine Nische gefunden und spielt trotzdem bei den ganz Großen mit.

 

Es ist schon etwas abgeblättert, das metallene grüne Sitzmöbel in Richard Lamperts Büro in der Gaisburgstraße. Der Clou an dem Stück: Man schaukelt darauf nicht nur nach vorne, sondern auch seitwärts, vom Prinzip her handelt es sich um eine sehr bewegliche Hollywoodschaukel ohne Dach, vom Sitzgefühl eher Parkbank als Loungemöbel.

Das ist typisch Richard Lampert. Er hat das originelle Stück entdeckt, war begeistert und hat es mitgenommen. Jetzt überlegt er, ob er es produziert – und wie. „Ich finde ein schönes Möbel und will das machen“, erläutert der gebürtige Badener seine Philosophie. Er ist verrückt genug, eine eigene Kinder-Kollektion auf den Markt zu bringen. Dazu gehören zum Beispiel höhenverstellbare Eiermann-Tische – die Herstellrechte für die beiden Tischgestelle besitzt er seit 20 Jahren – und das Stapelbett-Sofa Lönneberga. Andererseits ist Lampert nicht so naiv, alles zu produzieren, was ihm gefällt. Mit knapp 30 musste er, der Möbler in vierter Generation, den Familienbetrieb Wohnideen Lampert in Bruchsal schließen und arbeitete anschließend zehn Jahre lang als leitender Angestellter in Unternehmen wie Mann Mobilia. Berührungsängste hat er keine, doch mit Anfang 40 wollte er noch einmal etwas Neues wagen. Er wollte Möbel mit Charakter herstellen, Designideen mit Leidenschaft umsetzen, gepaart mit Realitätssinn: „Der Preisdruck hat extrem zugenommen, auch die Designmöbelbranche ist sehr viel betriebswirtschaftlicher geworden“, so Lampert. Trotzdem lagert er die Produktion nicht nach Asien aus, nur die Rattanmöbel lässt er in Indonesien fertigen, nach gescheiterten Versuchen in Europa.

Stühle stehen im Google Headquarter

In seinem Programm sind Klassiker von Egon Eiermann und Herbert Hirche, mit dem er befreundet war, aber Lampert liebt es auch, sich mit jungen Designern „zusammenzuraufen“. „Ich bin sozusagen der Dirigent“, sagt er, „am Ende muss jedes Detail stimmen.“ So wie beim „Prater Chair“ des 1976 geborenen Designers Marco Dessi. Die Form des Stuhls ist von traditionellen Wiener Kaffeehausstühlen inspiriert, die Oberfläche speziell: Der Stuhl besteht aus Birkensperrholz, das mit dunklem Phenolharzleim verpresst ist. Sitz und Rückenfläche werden mit CNC-Frästechnologie herausgearbeitet, sodass die Leimung zum Vorschein kommt und jedes Stück zum Unikat wird. Der „Prater Chair“ steht auch im Londoner Google Headquarter, ebenso wie die Tische und Bänke der Reihe „Ludwig“. Ein Drittel seiner Möbel exportiert der Möbelmacher, er sei gut aufgestellt, meint er. Vor ein paar Jahren schrieb ein Redakteur der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Richard Lampert zählt zu den Besten unter den kleinen Herstellern in Deutschland.“ Wenn das kein Kompliment ist.