Israels Außenminister Avigdor Lieberman wünscht sich deutsche Inspekteure für eine EU-Mission in Gaza, um Waffenschmuggel zu verhindern. In der schwarz-roten Koalition wächst die Bereitschaft, dafür den „Eubam“-Einsatz wiederzubeleben.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - In der schwarz-roten Koalition wächst die Bereitschaft, unter dem Dach einer  EU-Mission Verantwortung für Grenzkontrollen in Gaza zu übernehmen. Israel sieht bei einer solchen Mission vor allem Deutschland in herausragender Verantwortung. „Die Deutschen als politische Führungsnation in Europa müssen eine ganz entscheidende Rolle im Gaza-Konflikt einnehmen“, forderte der israelische Außenminister Avigdor Lieberman in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung. Er sprach sich nicht nur für eine politische Führungsrolle der Bundesregierung in Europa aus, sondern plädierte zudem dafür, dass die Deutschen die „Anführer“ einer Grenzmission in Gaza werden, um den Handel der Palästinenser mit den Nachbarstaaten zu kontrollieren. Das Ziel ist, den Waffenschmuggel zu verhindern.

 

Eine solche Inspekteure-Mission in europäischer Verantwortung hatte Anfang des Monats Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vorgeschlagen. Er hatte dafür plädiert, den „Eubam“-Einsatz in Rafah wiederzubeleben. Die „European Union Border Assistance Mission“, kurz Eubam, kontrollierte von November 2005 bis 2007 am palästinensisch-ägyptischen Grenzübergang Rafah. Dann wurde sie ausgesetzt. Inzwischen ist daraus eine trilaterale Initiative von Deutschland, Frankreich und Großbritannien geworden. Mit einer erneuten Mission könnten Grenzübergänge in Gaza geöffnet und international überwacht werden.

Keine deutschen Soldaten nach Israel

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Mißfelder, und der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter befürworteten ein solches Engagement. „Solche Angebote sind aber nur vertretbar, wenn alle Konfliktbeteiligten und Ägypten dies wünschen und ein vergleichsweise sicheres Umfeld und Bewegungsfreiheit in einem rechtlichen Rahmen vorherrscht“, betonte Mützenich. Davon könne derzeit noch keine Rede sein.

Der frühere Wehrbeauftragte und jetzige Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe (SPD), sprach sich dafür aus, die Mission unter ein UN-Mandat zu stellen und mit einer militärischen Schutzkomponente zu versehen. „Ich weiß nicht, ob es ausreicht, nur mit Zollbeamten und polizeilicher Bewaffnung die ganze Geschichte in den Griff zu bekommen“, sagte Robbe.

Weniger Vorbehalte hat der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder. „Die Regierung sollte das definitiv prüfen“, sagte er. Er kann sich vorstellen, zu diesem Zweck Soldaten oder Polizisten zu entsenden; das „hängt von der Ausgestaltung des Einsatzes ab“. Verantwortung für die Grenzkontrollen zu übernehmen, sieht Mißfelder offenbar nur als ersten Schritt. Er hält eine Überwachungsmission für denkbar, bei der europäische und deutsche Sicherheitskräfte „bei der Entwaffnung radikaler Gruppen im Gazastreifen helfen“. Voraussetzung dafür sei ein vertrauensvoller Partner auf palästinensischer Seite.

Deutsche sollen Waffenschmuggel verhindern

Damit allerdings erntet er Widerspruch in den eigenen Reihen. „Ein Einsatz deutscher Soldaten kommt nicht infrage, weil er für Israel inakzeptabel wäre“, erklärte der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter. Er liegt damit auf der Linie, die auch Israels Außenminister vorgezeichnet hat: Es gehe nicht darum, „Polizei oder Soldaten“ zu schicken, sagte Lieberman. „Aber die Deutschen und die EU müssen Inspekteure nach Gaza entsenden, um den Handel der Palästinenser mit den Nachbarstaaten zu kontrollieren.“ Es müsse verhindert werden, dass die Hamas wieder Waffen in den Gazastreifen schmuggeln könne.

Der Grenzübergang Rafah nach Ägypten ist laut Angaben der Nachrichtenagentur Reuters seit der Machtübernahme der Hamas 2007 geschlossen. Die Palästinenser sind damit von einer wichtigen wirtschaftlichen Lebensader abgeschnitten. Zu Hochzeiten der Mission waren rund 90 Inspekteure vor Ort.

Grafik: Der Gazastreifen - wenig Land für gut 1,8 Millionen Menschen