Die Europäische Zentralbank steht vor einem historischen Schritt: An diesem Donnerstag könnte sie die extrem tiefen Zinsen weiter senken und zudem eine Art Strafgebühr für Geschäftsbanken festlegen. Die deutsche Finanzbranche warnt vor einer Enteignung der Sparer.

Die Europäische Zentralbank steht vor einem historischen Schritt: An diesem Donnerstag könnte sie die extrem tiefen Zinsen weiter senken und zudem eine Art Strafgebühr für Geschäftsbanken festlegen. Die deutsche Finanzbranche warnt vor einer Enteignung der Sparer.

 

Frankfurt/Main - Vor der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) an diesem Donnerstag hat die deutsche Finanzbranche vor den möglichen Folgen einer weiteren Leitzinssenkung gewarnt. In einem am Montag vorab in der „Bild“-Zeitung veröffentlichten gemeinsamen Appell betonen die Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Niedrigzinsen enteignen Sparer.“

Zusätzliche geldpolitische Lockerungen seien daher gefährlich für die Spar- und Stabilitätskultur in Deutschland. Zumal die Verbandspräsidenten den „Patient Europa“ inzwischen „auf einem langsamen, aber fortschreitenden Kurs der Besserung“ sehen. Die von vielen Ökonomen für dieses und nächstes Jahr erwartete wirtschaftliche Erholung im Euroraum spreche klar gegen weitere geldpolitische Maßnahmen. Auch Deflationsgefahren seien nicht erkennbar, betonten die Verbandschefs.

Ungewohnt deutlich deuten führende Notenbanker seit Wochen an, dass die EZB den bereits historisch niedrigen Leitzins im Kampf gegen die zu niedrige Inflation am Donnerstag unter die Marke von 0,25 Prozent senken könnte. In der Diskussion sind außerdem Strafzinsen für Geschäftsbanken, die größere Geldbestände bei der EZB horten.

BVR-Präsident Uwe Fröhlich warnte: „Ein in der EU noch nie dagewesener Strafzins würde die Kreditvergabe nicht beleben. Die Medizin würde keine Wirkung zeigen. Die Risiken und Nebenwirkungen wären dagegen umso größer.“ Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, warnte in der „Wirtschaftswoche“ ebenfalls vor möglichen Folgen für die Sparer durch den sogenannten negativen Einlagezins. Leidtragende der Politik der niedrigen Zinsen sind nach Auffassung der Verbandspräsidenten vor allem die Sparer. „Die anhaltende Niedrigzinspolitik beschädigt die dringend notwendige Altersvorsorge“, sagte DSGV-Präsident Georg Fahrenschon. Gerade die Menschen in Deutschland legten ihr Geld traditionell sicher an und litten daher besonders unter den Niedrigzinsen.

Mit Sorge sehen die Verbände zudem, dass die Sparquote in Deutschland zurückgeht. Denn weil die Menschen immer länger lebten, die gesetzliche Rente aber immer weniger leiste, müsse eigentlich vermehrt privat vorgesorgt werden. GDV-Chef Alexander Erdland sagte: „Weniger Sparanstrengungen bei gleichzeitig niedrigen Zinsen reißen massive Lücken in der Altersversorgung künftiger Rentner.“