Nach einem Urteil zu Fahrverboten in Reutlingen steigt in Ludwigsburg die Nervosität. Die Grünen fordern Verhandlungen mit der Deutschen Umwelthilfe – doch der Oberbürgermeister Werner Spec hält das derzeit nicht für sinnvoll.

Ludwigsburg - Soll Ludwigsburg mit Jürgen Resch, dem umstrittenen Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) über Fahrverbote verhandeln – oder es auf einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart ankommen lassen? Für beide Strategien gibt es Vorbilder: In Wiesbaden hat die Stadt mit der DUH einen Kompromiss erzielt, woraufhin diese ihre Klage zurückgezogen hat. In Reutlingen hat man es auf einen Prozess ankommen lassen – und am Dienstag vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim verloren: Nun müssen Diesel-Fahrverbote verhängt werden.

 

Wie geht Ludwigsburg damit um? Welche Positionen haben die Akteure? Und mit welchem Plan will Ludwigsburg Fahrverbote verhindern? Die Barockstadt gehört zu den Kommunen im Land, deren Stickstoffdioxid-Werte über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen. Damit profitiert die Stadt nicht von der Lockerung der Vorgaben durch die Bundesregierung: Nur wer unter 50 Mikrogramm liegt, kommt um Fahrverbote herum.

Was fordern die Grünen und die SPD?

Der grüne Fraktionschef Michael Vierling hält Jürgen Resch keineswegs für den Gottseibeiuns der deutschen Städte. „Wir sollten ihm eigentlich dankbar sein, dass er uns zwingt, weil wir sonst nicht in die Pötte kommen“, sagte er am Mittwoch im Gemeinderat. Daher seine Forderung: Gespräche mit dem DUH-Geschäftsführer aufnehmen. Was die Stadt bislang an Aktivitäten vorgelegt hat, hält Vierling für nicht ausreichend.

Was bringt ein 365-Euro-Ticket?

Eine Idee, die Vierlings Grünen-Fraktion zusammen mit der SPD-Sprecherin Margit Liepins eingebracht hat, ist ein 365-Euro-Ticket für die Stadt Ludwigsburg. „Bislang kostet ein VVS-Jahresticket für eine Zone 676 Euro“, erklärt Liepins. Für 365 Euro soll künftig jeder im gesamten Stadtgebiet fahren können. Auch Liepins verweist auf den Kompromiss der Deutschen Umwelthilfe mit der Stadt Wiesbaden – das 365-Ticket sei ein wesentlicher Teil dieser Vereinbarung und damit ein wichtiger Beitrag, Fahrverbote zu umgehen.

Was hat der OB Werner Spec vor?

Der Rathauschef ist ziemlich sicher, dass mit seinem „Green City Masterplan“ Fahrverbote vom Tisch sind. „Wir haben gute Aussichten“, erklärte er am Mittwoch, „die Luftqualität hat sich schon deutlich verbessert.“ Der Baubürgermeister Michael Ilk (Freie Wähler) listete noch einmal detailliert auf, was alles geplant ist: 30 zusätzliche Elektro-Fahrzeuge bei der Stadt, 30 neue Ladesäulen, Elektro-Busse, 110 digitalisierte Ampeln, 700 Fahrradstellplätze und der BRT-Schnellbus.

Verhandlungen mit der Deutschen Umwelthilfe kann sich Werner Spec allenfalls vorstellen, wenn das zuständige Regierungspräsidium Stuttgart den so genannten Luftreinhalteplan fertig gestellt hat, der auch Ludwigsburg umfasst. Gegen diesen Plan richtet sich die Klage der Deutschen Umwelthilfe nämlich. „Wir sind zu Gesprächen jederzeit bereit“, betonte Spec, aber jetzt sei es noch zu früh. Den Antrag von SPD und Grünen auf ein 365-Euro-Ticket will er erst einmal prüfen.

Wie sehen es die Bürgerlichen?

CDU, Freie Wähler und FDP stützen weitgehend den Kurs von Spec. „Wir müssen alles tun, um Fahrverbote zu vermeiden“, erklärte etwa Reinhold Noz, Fraktionsvize der CDU. Dazu gehört auch eine Untersuchung mit einer Prognose, wie wirksam die angestoßenen Projekte des „Green City Masterplan“ sind, um die Stickstoffdioxid-Werte zu senken.

Noz verwies in Sachen 365-Euro-Ticket allerdings darauf, dass man ohnehin mehr Geld für den Nahverkehr ausgeben müsse: Das Drei-Euro-Stadtticket koste das Rathaus Geld und über die Kreisumlage müsse der Ausbau der S-Bahn finanziert werden.

Wie geht es weiter?

Noch gibt es keinen Verhandlungstermin zu möglichen Fahrverboten. Das liegt auch daran, dass sich das Regierungspräsidium Stuttgart bislang vor allem mit der Landeshauptstadt beschäftigt hat – dort sind zum 1. Februar Diesel-4-Fahrverbote in Kraft getreten. Die Stadt will bei einem Prozess versuchen zu beweisen, dass die Messstellen falsch ausgewählt sind. Auch Marbach, Pleidelsheim oder Esslingen sind von der DUH-Klage betroffen.