Bundes- und Landesbehörden sammeln Material über die Oppositionspartei, um deren Verfassungstreue besser beurteilen zu können. Die Politik diskutiert mögliche künftige Observationen kontrovers.

Berlin - Die Verfassungsschutzbehörden bereiten eine Beobachtung der Alternative für Deutschland (AfD) vor. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bestätigte am Mittwoch in Berlin, dass die Landesämter und das Bundesamt für Verfassungsschutz mit einer sogenannten „Materialsammlung“ beginnen wollen, die der Ausgangspunkt für eine systematische Beobachtung ist. „Eine solche Entscheidung muss gut vorbereitet werden“, so die Sprecherin, und brauche „eine gute Grundlage“. Derzeit stimmten sich die Behörden ab, wie mit der AfD weiter verfahren werde. Im Innenministerium wird eine zunehmend aggressive Rhetorik als Grund für diese Maßnahmen genannt: „Eine neue Dynamik aufgrund von Äußerungen nehmen wir wahr.“ Aber für eine Beobachtung „müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Partei die Grundwerte unserer Demokratie missachtet .

 

„Teile der AfD sind längst ein Fall für den Verfassungsschutz“

Zuvor hatte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in einem Interview gesagt, „Teile der AfD sind längst auf dem Weg, ein Fall für den Verfassungsschutz zu werden.“

Politiker von Union und SPD argumentieren unterschiedlich. Der designierte Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) sagte unserer Zeitung, bei einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz bestünde die Gefahr, „der AfD einen Märtyrerstatus zukommen zu lassen“. Das sei „kontraproduktiv“. Einen härteren Kurs befürwortet dagegen der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster. Er sagte unserer Zeitung: „Die rechtsextremen Flügel in Ländern wie Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden immer prägender für die AfD.“ In diesen Ländern halte er eine Beobachtung durch die Landesämter für Verfassungsschutz „für angemessen“. Eine Rechtsgrundlage für eine bundesweite Beobachtung sehe er „noch nicht“. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, ist der Überzeugung, „dass zumindest der völkisch-nationalistische Teil der AfD ein Fall für den Verfassungsschutz ist. Große Teile der AfD radikalisieren sich mit Wucht.“

Die FDP warnt for Hektik im Umgang mit der AfD

Für die FDP sagte deren Innenpolitik-Experte Stephan Thomae, es sei „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der AfD die Stirn zu bieten.“ Dafür böten sich auch im Parlament Möglichkeiten. „Allerdings dürfen wir nicht auf jede Äußerung und Provokation der AfD hektisch reagieren.“ Vielmehr müsse man der Partei „mit Inhalten den Nährboden entziehen“. Die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic sieht „diverse Anhaltspunkte für eine Vernetzung von Funktionsträgern der AfD mit rechtsextremistischen Gruppierungen und Netzwerken“. Deshalb gehöre das Thema in die nächste Amtsleitertagung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern. Leider zeige das Bundesamt für Verfassungsschutz „erneut ein geringes Problembewusstsein, wenn es um die Untersuchung rechtsextremer Strukturen geht“.