Heidi-Rose Malzacher engagiert sich seit über 20 Jahren für Menschen in einer Lebenskrise. Für ihr Mitwirken im Arbeitskreis Leben Stuttgart (AKL) wurde die Möhringerin mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Möhringen - Ich bin einfach eine Mutter“, sagt Heidi-Rose Malzacher. Die 69-Jährige engagiert sich seit über 20 Jahren für Menschen in Lebenskrisen, für diejenigen, die die Orientierung verloren haben und vielleicht sogar an Suizid denken. Wie eine Mutter hat sie ein offenes Ohr für ihre „Klienten“, ermutigt und unterstützt sie nach Kräften. Malzacher ist Gesprächspartnerin, Vertrauensperson, Freundin. Für ihr Engagement im Arbeitskreis Leben Stuttgart (AKL) hat Bundespräsident Joachim Gauch die Möhringerin im November mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet.

 

„Als ich den Brief bekommen habe, dachte ich zuerst, da erlaubt sich jemand einen Witz“, sagt Malzacher, die von 2004 bis 2016 Vorsitzende des AKL war. „Ich habe ein paar Tage gebraucht, bis ich mich mit dem Gedanken angefreundet hatte.“ Im Rahmen einer großen Feier überreichte Bürgermeister Werner Wölfle Heidi-Rose Malzacher die Auszeichnung. Ihre Familie sei dabei gewesen, ihre Freunde. Ihre Gefühlslage sei irgendwo zwischen peinlicher Berührtheit und dem Genuss der Aufmerksamkeit gewesen. „Alle waren sehr angetan, es war eine schöne Feier“, sagt Malzacher.

„Jeder sollte jemanden haben, der einen unterstützt“

In der Regel treffen sich die Begleiter des AKL einmal wöchentlich mit ihren Klienten. „In erster Linie muss man zuhören können“, beschreibt die Ehrenamtliche die Treffen. Denn die Personen, die beim AKL Hilfe suchen, haben oft Schwierigkeiten, sich jemandem anzuvertrauen. „Dabei ist der erste Schritt, der, mit uns Kontakt aufzunehmen, der Wichtigste“, sagt die 69-Jährige. In den Gesprächen, die mal im Café, mal bei einem Spaziergang oder bei den Klienten daheim stattfinden, baue sich mit der Zeit ein Vertrauensverhältnis auf. „Freundschaft auf Zeit“, nannte das einst einer der Gründer des AKL, Michel Heinrich. Die Begleitungen können sich über Wochen, Monate, manchmal auch über ein Jahr hinziehen. „Man nimmt immer etwas mit von der Arbeit. Mal ist es etwas Schönes, mal etwas Schweres“, sagt Malzacher. Die Menschen, die sie begleitet hat, haben ihre Spuren in Malzachers Gedächtnis hinterlassen. So, wie eine Dame einst bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterließ. Denn die Möhringerin befand sich einst selbst in einer Krise und suchte Hilfe beim AKL. „Ich wollte mich nicht umbringen. Aber ich hatte Panik, dass ich in eine Situation komme, in der ich nicht mehr weiß, was ich tue“, erinnert sich Malzacher. „Beim AKL habe ich eine Begleiterin bekommen, die sich wie eine Mutter um mich gesorgt hat. Genau das habe ich damals gebraucht.“ Und genau diese Erfahrung wollte Malzacher an andere weitergeben. „Ich dachte damals, so sollte das Leben sein. Jedem geht es mal schlecht. Und jeder sollte dann jemanden haben, der einen unterstützt“, findet sie.

Depression und Suizid sind nach wie vor Tabuthemen

Ihre freundlich-liebevolle, aufmerksame Art machen es Heidi-Rose Malzacher leicht, Zugang zu den Personen zu finden. Ihre eigenen Erfahrungen helfen ihr, die Situation ihrer Klienten, zumeist sind es Frauen, nachzuempfinden. Die Arbeit liegt ihr am Herzen. „Man gibt viel, aber man bekommt auch viel zurück“, sagt Malzacher. Zu einigen ihrer ehemaligen Klienten hat sie heute noch Kontakt.

Depression und Suizid sind nach wie vor Tabuthemen. „Es zählt nur Leistung, Erfolg, Weiterkommen. Schwächen haben da keinen Platz“, sagt Malzacher. Dabei gebe es immer mehr Menschen, die das Gefühl haben, auf der Strecke zu bleiben. Ihnen möchte Malzacher helfen. Sie hat ein kleines Gedicht geschrieben. „Ich will mir das Leben nehmen“ heißt es. Es ist jedoch kein Aufruf zum Suizid. „Das ‚Leben nehmen’ ist positiv gemeint“, erklärt Malzacher. „Es soll dazu ermutigen, zu lachen oder zu weinen, zornig oder still zu sein, wenn man es eben möchte. Dazu, sein Leben anzupacken, es zu leben“, sagt Malzacher.