Monchhichis waren in den achziger Jahren Kult, nun erleben die Daumen lutschenden Spielzeug-Äffchen aus Japan ein Revival.  

Taiwan - Susumu Yoshida liebt die Krise. Wenn die Wirtschaft schlecht läuft, macht sich seine Arbeit fast von alleine. "Warum das so ist, können wir uns selbst nicht recht erklären", sagt der Marketingdirektor der japanischen Kuscheltierfirma Sekiguchi. "Vielleicht haben die Menschen in Krisenzeiten ein besonderes Bedürfnis nach etwas Warmem und Weichem."

 

Sollten Sekiguchis Verkaufszahlen tatsächlich als Index taugen, dann braucht die Welt keine Rettungsschirme, Sparprogramme oder Konjunkturpakete, sondern vor allem eins: Monchhichis. Die Daumen lutschenden Äffchen erleben derzeit ein Revival, das an ihre größten Erfolge vor 30Jahren erinnert, als sie auch in deutschen Kinderzimmern Kultstatus erlangten. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise steigen die Verkaufszahlen zweistellig, besonders in krisengeplagten Ländern wie den USA, Japan und vielen EU-Staaten.

Die Firmenzentrale des Familienunternehmens liegt in einem Tokioter Mittelklassewohnviertel. Das schlichte Gebäude war früher eine Autowerkstatt. Die große Halle, in der einst Pkws aufgebockt wurden, dient heute als Präsentationsraum. "Wir machen nicht nur Monchhichis", sagt Yoshida, während er die Produktpalette zeigt. Sekiguchi hat Lizenzen, um in Japan Ikonen wie den Kleinen Prinz, Snoopy und Pippi Langstrumpf zu vermarkten.

Kulleraugen und babyhafte Züge

Daneben hat das Unternehmen auch eine Reihe von Eigenentwicklungen, darunter pfirsichfarbene Bärchen und pinke Hunde. "Besonders erfolgreich sind die leider nicht", gesteht der Marketingdirektor ein. "Seit drei Jahrzehnten versuchen unsere Designer, noch einmal einen Erfolg wie das Monchhichi zu landen, aber bisher ist es ihnen nicht gelungen."

Die Geschichte der Monchhichis gehört zu jenen Erfolgsstorys, die sich zwar nacherzählen lassen, wenn auch nicht wirklich erklären. Ursprünglich stellte das 1918 gegründete Unternehmen billiges Plastikspielzeug für den Export her. "Japan war damals ein Niedriglohnland, wie es heute China ist", erzählt Yoshida. Mit Japans Wirtschaftsboom nach dem Zweiten Weltkrieg begann Sekiguchi, seine Produktion in andere Länder zu verlagern und sich selbst auf Entwicklung und Vermarktung zu konzentrieren.

Anfang der 1970er entwarfen Designer einen Affen mit einem Körper aus Plüschmaterial und Gesicht, Händen und Füßen aus Kunststoff. Das weitgehend naturgetreue Äffchen fand wenig Interesse. Doch dann passten die Designer den Entwurf dem Kindchenschema an und verliehen ihm menschlichere Züge: Er hatte kürzere Extremitäten, einen großen Kopf mit Kulleraugen und babyhafte Züge - und einen rechten Daumen, der sich in den Mund stecken ließ.


Der Name war eine Mischung aus dem englischen Wort für Affe, monkey, und der japanischen lautmalerischen Beschreibung eines Nuckelgeräuschs, chi-chi. Später änderte Sekiguchi die Wortschöpfungsgeschichte und erklärte, die Silbe "mon" stamme aus dem Französischen, womit Monchhichi so viel wie "Mein Genuckel" bedeutet.

In Japan war das Monchhichi zunächst nicht besonders populär, doch im Ausland waren die Figuren über Nacht ein Erfolg, besonders in Deutschland. "Die Monchhichis kamen 1978 auf den deutschen Markt, und die nächsten zwei Jahre waren die besten, die wir je hatten", sagt Susumu Yoshida. "Die Japaner sind erst zu Monchhichi-Fans geworden, als sie die Beliebtheit im Westen bemerkt haben." Das war Anfang der Neunziger, kurz nachdem das Platzen der japanischen Immobilienblase den Boom des Landes jäh gestoppt hatte.

Allerdings waren es in Japan weniger Kinder als junge Frauen, die die Nachfrage ankurbelten. Der Trend ist inzwischen von Japan auf China übergesprungen, dessen junge Großstädterinnen heute die wichtigste Kundengruppe sind. Etwa 80 Millionen Monchhichis hat das 32-Mitarbeiter-Unternehmen, das noch immer der Gründerfamilie Sekiguchi gehört, seit Ende der 1970er abgesetzt. 2010 wurden 1,5 Millionen verkauft, die Hälfte davon in China, 250.000 in Deutschland und 100.000 in Japan.

"Wir haben jedes Jahr Hunderte von Designs"

Die Übermacht des asiatischen Marktes hat dazu geführt, dass Sekiguchis Designer sich zunehmend an der Modebranche orientieren. Viermal im Jahr bringen sie eine neue Kollektion heraus - und so gibt es Monchhichis als Clowns, Punks oder Astronauten. In der Firmenzentrale stehen bereits die Muster für das kommende Jahr, wenn die Äffchen anlässlich der Olympischen Spiele in London Union-Jack-Kleidung tragen werden.

"Wir haben jedes Jahr Hunderte von Designs", sagt Yoshida. "Die meisten werden aber nur in kleinen Stückzahlen gefertigt." Für Sammler gibt es jährlich mehrere Sondereditionen und eine Monatszeitschrift. Auf Youtube hat Sekiguchi einen eigenen Monchhichi-Kanal mit Animationsfilmen.

Die europäischen Kunden haben davon bisher allerdings kaum etwas mitbekommen. "Unsere Neuentwicklungen sind fast alle für den asiatischen Markt", sagt Yoshida. In Europa seien die Monchhichis ja noch in erster Linie Kinderspielzeuge und die Kunden vor allem Eltern, die Anfang der Achtziger selbst mit den Äffchen spielten und diese nun auch ihren Kindern schenken wollen. "Für sie sieht das Monchhichi heute noch genauso aus wie früher."