Monobob bei Olympia 2022 Der Frust der Mariama Jamanka
Mariama Jamanka ist Olympiasiegerin im Zweierbob, mit dem wenig geliebten Monobob liegt sie oft im Clinch. Der will nicht immer so wie sie – und umgekehrt.
Mariama Jamanka ist Olympiasiegerin im Zweierbob, mit dem wenig geliebten Monobob liegt sie oft im Clinch. Der will nicht immer so wie sie – und umgekehrt.
Yanqing - Stell dir vor, es geschieht Historisches bei den Olympischen Spielen, und in deiner Heimat bekommt es kaum jemand mit. Kaillie Humphries brachte den Deutschen nach sechs Goldmedaillen in Folge die erste Niederlage bei den Olympischen Spielen im Eiskanal des Yanqing Sliding Centers bei, indem sie im Monobob ihre Souveränität unterstrich und sich mit 1,54 Sekunden Vorsprung den Sieg sicherte – und zu Hause in den Vereinigten Staaten ist das einzige Thema, das die Sportwelt beschäftigt, der 23:20-Triumph der Los Angeles Rams über die Cincinnati Bengals im Super Bowl.
Während die 36 Jahre alte Bobheldin aus den USA noch damit beschäftigt war, die Hymne mitzusingen und sich über ihre dritte Goldmedaille nach 2010 und 2014 zu freuen, da hatte Mariama Jamanka ihre Interviewrunde schon hinter sich. Auf Platz 13 wurde ihr Name geführt – mit 4,73 Sekunden Rückstand auf die Gewinnerin. So viel mehr, als die 31-Jährige sich vorgenommen hatte. „Heute bin ich immerhin besser gefahren als gestern und habe den Wettbewerb einigermaßen gut abgeschlossen“, sagte die Zweier-Olympiasiegerin des Jahre 2018. „Es ist sehr schwierig, auf dieser Bahn vier Läufe konstant gut runterzubringen. Das ist eine Herausforderung.“
Eine Herausforderung, der sich Mariama Jamanka vor einem Jahr gar nicht so wirklich hatten stellen wollen. Bobsport sei für sie ein Teamsport, hatte sie in den Wochen vor den Winterspielen immer wieder betont, und auch in Yanqing revidierte sie ihre Meinung nicht. Mit dem Monobob wird sie nicht warm.
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„Meine Anschieberinnen durften den Schlitten schleppen, die Kufen polieren – sie hatten überhaupt nichts von dieser Veranstaltung“, knurrte die gebürtige Berlinerin, die zudem monierte, dass kaum zwei Jahre Vorbereitungszeit für eine olympische Disziplin ziemlich knapp seien. „Das wurde zu spät beschlossen“, erläuterte die Pilotin, „aber darauf hatten wir ja keinen Einfluss.“
Diese Worte wollte sie keineswegs als Ausrede für ihrer mehr als mäßige Präsentation verstanden wissen, sondern vielmehr als Kritik an Weltverband (IBSF) und Internationalem Olympischen Komitee (IOC), die die neue Disziplin forcierten, um zu belegen, das man es ernst meine mit der Gleichberechtigung im Eiskanal. Jamanka hätte sich die Einführung des Vierers für Frauen gewünscht, um sich auf die exakt gleiche Stufe zu den Männern zu emanzipieren. Doch dieser Wunsch war unrealistisch. Denn ein Viererschlitten kostet in der Anschaffung gut 100 000 Euro, was ärmere Verbände finanziell disqualifiziert, so dass das Starterfeld sehr überschaubar wäre.
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Ein Monobob ist dagegen schon für 25 000 Euro zu haben, es handelt sich um ein Einheitsmodell. Der deutsche Verband schaffte sich sechs Schlitten an. Überdies, so die Argumentation, sei es fraglich, wie viele Frauen sich dafür begeistern würden, sich in einen Vierer zu stürzen und in einem Eiskanal bei 135 km/h durchschütteln zu lassen. Also wurde der Monobob olympisch.
Nun ist bekannt, dass ein Sportler nur dann Spitzenleistungen bringt, wenn er positiv in den Wettkampf geht – unter dieser Prämisse konnte es für Mariama Jamanka in Yanqing gar nicht zu einem guten Ende kommen. Dem Gedankenspiel widerspricht René Spies vehement, auch wenn er ihre Abneigung gegen das neue Sportgerät kennt. „Als ich sie für den Monobob nominiert habe, da hat sie sich sehr darüber gefreut, dass sie dabei ist“, sagte der Bundestrainer. „Und ich weiß, dass sie immer eine Top-Einstellung mitbringt und alles gibt. Bei den ersten zwei Läufen hatte sie einfach einen rabenschwarzen Tag, da jagte ein Fehler den anderen.“
Die zweite Deutsche im Yanqing Sliding Center machte ihre Sache deutlich besser. Laura Nolte hatte bis zum vierten Lauf noch Medaillenchancen, doch am Ende fehlten ihr drei Zehntelsekunden auf Platz drei, den die Kanadierin Christine de Bruine besetzte. Die 23 Jahre alte Dortmunderin war enttäuscht, weil sie „nur zwei gute Läufe geschafft“ habe. „Bei Olympia braucht man eben vier gute.“ Doch im Gegensatz zu ihrer Teamkollegen begrüßt die Junioren-Weltmeisterin im Zweier von 2021 die Einführung des Monobobs. „Ich bin froh, dass es ihn gibt“, meinte Laura Nolte.
Kaillie Humphries freut sich ebenfalls über den Monobob. Nicht nur, weil sie Gold gewonnen hat, sondern weil „wir Frauen nun auch wie die Männer zweimal um Medaillen kämpfen können. Das sehe ich als Gleichberechtigung.“ Und für Mariama Jamanka ist es die Chance zur Revanche, wenn die Zweier-Olympiasiegerin von 2018 von Donnerstag an auf die von 2010 und 2014 trifft.